Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 137

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Meine Damen und Herren! Aber das ist alles nicht Gegenstand dieses Initiativantrages der liberalen Fraktion, so wie es heute auch nicht Gegenstand ist, über die Möglichkeiten, für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, zu diskutieren, sondern es geht um das Volksbegehrensgesetz. Mein Thema ist zwar einerseits auch der Zugang zum Instrument, aber andererseits habe ich viel mehr Sorge, was tatsächlich mit diesem schon bestehenden direkt-demokratischen Instrument in diesem Haus passiert. Darum ist die Deklaration des Herrn Kollegen Klubobmann Dr. Khol ja das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht.

Herr Dr. Khol! Es können natürlich 15 erfolgreiche Volksbegehren hier ins Haus gebracht werden, und Sie können dem Bürger – jetzt auf österreichisch gesagt – "das Goderl kratzen", soviel Sie wollen, weil der Zugang so einfach ist. Aber dann macht das Parlament das, was der Nationalrat bei den drei erfolgreichsten Volksbegehren der letzten Jahrzehnte in Österreich, beim Frauen-Volksbegehren, beim Gentechnik-Volksbegehren und beim Tierschutz-Volksbegehren, ja bereits vorexerziert hat: Nichts passiert damit! Die Bürgerinnen und Bürger, die die Hürde der 10 000 Unterschriften genommen haben – eine Hürde, die mir ein Dorn im Auge ist, das gebe ich zu, obwohl ich zwei dieser Volksbegehren mit meiner Unterschrift, weil noch möglich, unterstützt habe –, werden an der Nase herumgeführt, wenn es um die Durchsetzung ihrer Anliegen geht.

Das sollte Sie, meine Damen und Herren, in erster Linie interessieren: Was ist mit den Wünschen, die hier bei uns im Nationalrat trotz Zugangshürden deponiert werden? Wie werden sie geachtet, beachtet? – meiner Ansicht nach Fremdworte in bezug auf diese drei Volksbegehren. Sie werden schlicht und einfach mißachtet, ignoriert oder so verstümmelt, daß die ursprünglichen Forderungen nicht mehr wiedererkannt werden!

Meine Damen und Herren! Der Antrag der Liberalen wird, wenn er jemals im Ausschuß behandelt werden wird, was ja anzuzweifeln ist, meine Zustimmung finden – allerdings mit einigen Adaptierungen. Meiner Meinung nach ist die Hürde von 10 000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern zur Einleitung eines Volksbegehrens entschieden zu hoch. Nicht nur die Zahl ist entschieden zu hoch, sondern was mich vor allem stört, ist die Zugangsbeschränkung durch die Tatsache, daß jeder zum Gemeindeamt zu pilgern hat. Für große Organisationen, selbst für Parteien, die diesen Umweg wählen, ist es einfach, diese Mobilisierung zustande zu bringen und diese Hürden zu nehmen, jedoch nicht für kleine Initiativen, die wirklich sozusagen Grass-roots-Bewegungen sind und die sich auch dieses direkt-demokratischen Instruments bedienen möchten. Darum ist das eine wesentliche weitere Vorbedingung, wenn es darum geht, direkte Demokratie in Österreich durchzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuletzt noch ein Wort zu Herrn Dr. Khol: Er wirft Frau Kollegin Schmidt "Heuchelei" im Zusammenhang mit ihrer Kandidatur vor. – Bitte schön, was, wenn nicht Heuchelei, ist es, wenn die ÖVP jetzt so tut, als wäre Herr Dr. Klestil, der noch amtierende Bundespräsident, nicht ihr Parteikandidat? Was ist er denn dann? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

17.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. (Abg. Mag. Stadler: Kier redet gar nicht! – Abg. Dr. Khol: Oberlehrer Kier ist in Pension!)

Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 429/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksbegehrensgesetz 1973 geändert wird, eine Frist bis 11. Mai 1998 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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