Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 102

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Es kann doch nicht so sein, daß alles nur den Maastricht-Kriterien untergeordnet wird. Hier wird immer wieder erzählt, daß wir die Besten sind, aber in Wirklichkeit bekommen wir wieder einmal einen Rüffel, weil wir zuviel Schulden haben. Das ist die Sensation: Es wird doch immer wieder betont, wir seien international erstklassig, aber es gibt 300 000 Beschäftigungslose, die auf Lösungen warten. Ich erwarte mir keine Unterschriftenaktionen vom Gewerkschaftsbund wegen der Sonntagsarbeit, denn hätten Sie voriges Jahr das Gesetz nicht beschlossen, daß am Sonntag geöffnet werden kann, bräuchten wir keine Unterschriftenaktionen, lieber Kollege Feurstein. Das sind die Probleme. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie machen den Arbeitnehmern zusätzliche Probleme. Alleinerziehende Mütter werden am Sonntag arbeiten gehen. Wo sind die offenen Kindergärten? – Es ist wirklich abenteuerlich.

Sie alle glauben, Sie haben die Lösungen parat. In Wirklichkeit – das wissen Sie, und das ersieht man aus den Statistiken – sinken die Einkommen, wir haben eine steigende Arbeitslosigkeit, und es gibt 214 000 Frühpensionisten. Das gab es noch nie. Das ist Ihre Sozialpolitik. Können Sie das weiterhin verantworten? Aber alles, was Oppositionspolitiker in diesem Land zu sagen haben, wird abgetan. All das ist unanständig, das tut man nicht in der Öffentlichkeit, da ist man fein, denn wir erfüllen alle Kriterien für ein gemeinsames Europa.

Es gibt viele blamable Unsinnigkeiten, die die beiden Koalitionspartner vom Zaun brechen. Ich habe direkt schon eine Freude daran, weil es zunehmend so ist, daß Mitarbeiter vom Arbeitsmarktservice unsere Freunde werden. Diese kommen schon zu uns und sagen: Bitte helft uns, erlöst uns und befreit uns von den Unsinnigkeiten, die beschlossen werden!

Jetzt werde ich Ihnen etwas sagen: Da gibt es einen Auftrag, daß jede 55jährige weibliche Arbeitslose und jeder 60jährige männliche Arbeitslose eine Arbeitsplatzgarantie für ein Jahr bekommen soll. Na großartig! Da kann man nur sagen, Papier ist geduldig. Reden Sie einmal mit den Praktikern im Arbeitsmarktservice, welche Probleme sie haben, 40jährige noch irgendwohin zu vermitteln. Für solche Unsinnigkeiten werden Zeit, Geld und Papier verwendet und die Mitarbeiter geärgert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das sind keine Alternativen. Lassen Sie doch Alternativen zu! Verfügen Sie kein Denkverbot! Tun Sie nicht immer alles so ab, was von den Oppositionsparteien kommt, insbesondere das, was die Freiheitlichen an sozialen Ideen einbringen! Sie kommen sowieso. Denn wenn es Ihnen zu eng wird, dann kommen überraschenderweise immer wieder Vorschläge, die von uns gemacht wurden, auch in Ihren Überlegungen vor – bis hin zur Reparatur des Notstandshilfegesetzes. Sie sind schon so verlogen ... (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gaugg! Für den Ausdruck "Sie sind verlogen", erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Aber wichtiger ist noch, daß alle folgenden Redner in der Diktion ein bißchen zurückhaltender sind. – Sie sind am Wort!

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Wenn man ein Gesetz beschließt im Wissen, daß es vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird, und dort hineinschreibt, man bittet um eine 18monatige Korrekturpause, dann hätte man gleich hineinschreiben können: Bitte, dieses Verfassungsgerichtshofsurteil erst nach dem 1. Jänner 2000, denn vorher haben wir kein Geld im Budget. – Das ist nämlich der einzige Grund, Sie wissen das ganz genau. Aber jetzt sind Sie wieder einmal vom Gericht blamiert worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der Behandlung der Sozialpolitik in diesem Land treten immer wieder interessante Vorschläge zutage. Da gibt es dieses nationale Beschäftigungspapier – ganz interessant. Es hat insgesamt 38 Seiten. Viel Wert und Inhalt hat es nicht.

Die Bundesregierung verfolgt mit dem nationalen Aktionsplan das Ziel, neue, zusätzliche Arbeit zu schaffen – das ist ganz neu; das hören wir jetzt schon seit zehn Jahren (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen)  –, das Niveau der Arbeitslosigkeit deutlich zu verringern – sensationell; no na –, und zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern beizutragen – ich bin ganz begeistert!


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