Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 111

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Das heißt, Sie können sich nicht für etwas ein Federl auf den Hut stecken, was in Wirklichkeit nicht stattgefunden hat. Wir verlangen daher in unserer Verantwortung für die vielen Menschen, die sich Sorgen machen, daß immer weniger Arbeit zur Verfügung steht, daß immer mehr Menschen beschäftigungslos werden, daß immer mehr versteckt werden müssen mit ihrer Arbeitslosigkeit, von Ihnen konkretere Antworten und klare Konzepte, wie Sie dieses Problem bewältigen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn Ihre Politik, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ist ja nicht sehr überzeugend. (Abg. Schwemlein: Viele Arbeitsplätze haben Sie aber auch noch nicht geschaffen!) In einem Interview mit dem früheren Generaldirektor des "Konsum" sagte dieser: Als es um die 15 000 Arbeitsplätze der "Konsum"-Mitarbeiter gegangen ist, hätte die Bank Austria die Finanzierung gemacht, aber der ÖGB legte sich quer, weil ein Verkauf von BAWAG-Aktien ohne Zustimmung des ÖGB nicht möglich gewesen ist und nicht erfolgen darf. – Das heißt, für den ÖGB waren die Bank und die Aktien wichtiger als die Menschen und die Arbeitsplätze. (Abg. Mag. Stadler: So ist es!) Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler, der ja offenbar bei diesem so brisanten Thema immer wieder kneift, weil er außer großen Ankündigungen bei seiner Regierungserklärung bis zur Stunde die Antworten darauf schuldig geblieben ist, hat gesagt, man muß für ältere Arbeitnehmer mehr Arbeitsplätze schaffen. – Genau dort, wo er verantwortlich ist, baut man ältere Arbeitnehmer ab: bei der Post, bei der Eisenbahn. Das sind alles Staatsbetriebe, ob sie jetzt ausgegliedert sind oder nicht: bei der Post 9 500 Leute, bei der Eisenbahn über 8 000 Leute.

Man baut auch bei den Österreichischen Bundesforsten ab. Ich habe hier einen interessanten Artikel aus den "Salzburger Nachrichten" von vor einigen Tagen. Man sieht ein Foto des lachenden Landwirtschaftsministers Molterer mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Österreichischen Bundesforste AG, und unter dem Bild steht: Beide freuen sich über die Sonderdividende von 700 Millionen Schilling, die in den Staatskassen klingeln wird, und daß das Unternehmenskonzept unter Dach und Fach ist. Und daneben liest man, was das Unternehmenskonzept bedeutet: Die Reihen in den Bundesforsten lichten sich. Alle Menschen über 50 Jahre werden zwangsweise abgebaut.

So sieht also das Versprechen des Herrn Bundeskanzlers Klima aus, den älteren Arbeitnehmern Schutz zu bieten und ihnen zu helfen! Dasselbe haben wir bei der Post, wo sogar Rundschreiben herumgereicht werden, in denen Herr Ditz, früherer Wirtschaftsminister und Superstar der ÖVP, sagt, er wird all jenen Mitarbeitern besonderes Augenmerk zuwenden, die bereit sind, das Personalabbaumodell, das die Führungskräfte vorgelegt haben, zu verfolgen. Man bekennt sich dazu, daß für den Einsatz für das Personalabbaumodell in der Zukunft im Unternehmen für jene Platz sein wird, die am meisten Leute abbauen. – Eine tolle Politik, die Sie uns vormachen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Zynismus pur!)

Ich bin nun aufgrund dessen, was Sie, Herr Staatssekretär, uns heute über die EU-Osterweiterung gesagt haben, restlos verwirrt, was nun die Position der Bundesregierung ist. Sie sagen, die Osterweiterung hat Chancen gebracht, tut der österreichischen Wirtschaft gut, ist wichtig für die Zukunft, man kann mit Optimismus darangehen. Dabei hat Ihr eigener Bundeskanzler, also Ihr Vorgesetzter, vor wenigen Wochen einen Brief an den EU-Präsidenten Santer geschrieben, worin er auf die Gefahr einer Destabilisierung der Arbeits- und Gütermärkte bei der Osterweiterung hinweist. In Österreich könne das in der Folge zu Betriebsverlagerungen, Arbeitsplatzverlusten, Gefährdung der Nahversorgung in den ländlichen Grenzregionen, Arbeitsmigration und Ausverkauf der heimischen Unternehmen führen.

Er führt dann eine Reihe von Beispielen an, warum diese Gefahr so groß ist: weil die Lohndifferenz so groß ist, weil hinsichtlich der Wirtschaftskraft eine Differenz von neun zu eins besteht, weil eine Lohndifferenz von 10 bis 15 Prozent in den Entwicklungsländern besteht, weil die ländlich-peripheren Regionen den Wettbewerb nicht aushalten werden, weil die erwartete Strukturanpassung Druck auf den österreichischen Arbeitsmarkt machen wird und Arbeits


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