Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 114. Sitzung / Seite 11

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Punkt zwei: Der Verfassungsgerichtshof hat genau ausgeführt, warum es in einem solchen Fall gar nicht möglich war, eine Frist einzuräumen. Die Verfassungswidrigkeit war nämlich so eklatant, daß der Verfassungsgerichtshof zu Recht gesagt hat – Sie können das ja in der Begründung nachlesen –, daß dann, wenn man diese Bestimmung nur aufgehoben, aber eine Frist eingeräumt hätte, der rechtswidrige Zustand verfassungsrechtlich immunisiert und gleichzeitig dafür Sorge worden wäre, daß das verfassungswidrige Recht weiter angewendet werden kann. – Das kann kein Verfassungsgerichtshof akzeptieren! Er hat es ohnehin nicht rückwirkend aufgehoben. Seien Sie froh! Das hätte er nämlich auch machen können. Er hat es aber nur mit sofortiger Wirkung aufgehoben, was einem möglichen Normalfall entspricht. Daß Sie noch in Staunen verfallen, wenn so etwas passiert, finde ich wirklich mehr als bedauerlich.

Ich meine, nun ist alles gesagt, was zu sagen war. Kollege Nürnberger ist inzwischen nicht eingetroffen. Das interessiert ihn nachhaltig nicht. Er muß wahrscheinlich irgendwelche Flexibilisierungen verhandeln oder langsam lernen, daß ein Unterschied besteht zwischen dem österreichischen Hotelierverband als freier Vereinigung und der Wirtschaftskammer, die die Kollektivverträge macht. Vielleicht weiß er das nicht! Ich verstehe schon, daß er das nicht weiß, denn die Metaller schließen sicherlich nicht mit jenen Teilen der Wirtschaftskammer Kollektivverträge ab, die für das Gastgewerbe zuständig sind. Daher hat er diesbezüglich vielleicht den Überblick verloren. Ich bin jedoch auf jeden Fall enttäuscht, denn bisher habe ich gedacht, daß er nicht nur ein sehr mächtiger, sondern auch ein sehr kundiger und sehr engagierter Gewerkschafter ist. Jetzt weiß ich: Mächtig ist er sicherlich, aber kundig ist er nicht, und engagiert ist er auch nicht, sonst wäre er heute da! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

22.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

22.02

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einleitend anerkennend feststellen, daß alle Fraktionen dieses Hauses bereit und einverstanden waren, daß wir diese notwendige Änderung im Arbeitslosenversicherungsgesetz heute noch ... (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und dem Liberalen Forum.) Wenn Sie Ihre Debatten beendet haben, werde ich fortsetzen, meine Damen und Herren.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu diesem Zweck bitte ich, die Debatten rasch zu beenden! – Bitte, Kollege Feurstein.

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (fortsetzend): Herr Abgeordneter Kier! Ich wollte Ihnen und allen anderen gegenüber, die daran beteiligt waren, anerkennend feststellen, daß wir sehr wohl zur Kenntnis nehmen, daß man heute im Hohen Haus bereit ist, diese Änderung im Arbeitslosenversicherungsgesetz mitzutragen und mitzuvollziehen, nachdem der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung gefällt hat, mit welcher sehr wesentlich in die gesamte Arbeitslosenversicherung und Notstandshilfe eingegriffen wurde. (Abg. Dr. Graf: Aber morgen haben Sie es schon wieder vergessen!)

Ich gebe Frau Abgeordneter Haller recht: Die Notstandshilfe ist ein sensibler Bereich. Ungeachtet dessen ist, glaube ich, folgendes festzustellen:

Erster Punkt: Der Verfassungsgerichtshof hat bis vor kurzem klar und eindeutig festgestellt, daß es sich bei der Notstandshilfe um eine Fürsorgemaßnahme und nicht in erster Linie um ein Privatrecht, um einen Versicherungsanspruch handelt. Das wurde in allen Erkenntnissen in den Jahren 1954, 1960, 1974 und 1981 festgestellt. (Abg. Dr. Kier: Wir machen hier nicht Rechtsgeschichte, sondern Politik!) Er sagt dann aber sehr deutlich, daß er mit dem jetzigen Erkenntnis seine bisherige Judikatur überdeckt, also grundsätzlich verändert hat.

Meine Damen und Herren! Es ist ganz wichtig, daß festgehalten wird, daß wir seit wenigen Tagen mit einer neuen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes konfrontiert sind, was natürlich auch uns jetzt das Recht und die Notwendigkeit zubilligt, die Versicherungsansprüche neu zu definieren. Das haben wir bereits im vergangenen Jahr mit Blickrichtung auf das Jahr 2000


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