Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 130

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Auer! Sie selbst haben zugegeben, daß die Agenda 2000 vor allem für die Bauern, aber nicht nur für die Bauern eine bittere Pille sein wird. (Abg. Auer: Wenn sie so käme wie vorgesehen!) Und Sie haben gesagt, es ist jetzt die Aufgabe Ihrer Bundesregierung, das Beste für die Bauern herauszuholen und die Forderungen in der Agenda so abzuändern, daß etwas Gutes dabei herauskommt. – Kollege Auer! Das kann man nur als gefährliche Drohung für die österreichische Landwirtschaft und für Österreich an sich bewerten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man konnte das ja schon beim EU-Beitritt sehen, als die Regierung den Bauern dasselbe versprochen hat. Nur wenn Österreich bei der EU ist, werden die Bauern überlebensfähig sein, hat es damals geheißen. – Damals wurde schon so schlecht verhandelt, daß EU-Beamte nachher sagten, sie hätten noch nie einen Beitrittswerber erlebt, der so schlecht für die eigenen Interessen verhandelt hat, wie das bei der österreichischen Regierung der Fall war. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Genauso wird es, Herr Landwirtschaftsminister, auch bei der Agenda 2000 sein! An der Dosis Zyankali, die Sie Österreich und der österreichischen Landwirtschaft damit quasi verabreichen, werden Sie noch ordentlich zu kiefeln haben.

Ich halte es ja wirklich für unverfroren, daß Sie in einer Zeit, in der 8 000 bis 10 000 Bauern im Jahr – nach wie vor 8 000 bis 10 000 Bauern im Jahr! – ihre Höfe als Vollerwerbsbauern aufgeben müssen, hier Ihre Agrarpolitik, die Agenda 2000 und die EU als das alleinseligmachende Mittel für die österreichische Landwirtschaft darzulegen versuchen.

Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben in Ihrer Dringlichen Anfrage auch darauf hingewiesen, daß bei der Agenda 2000 neben der Agrarpolitik die Strukturpolitik, die Finanzgebarung der EU und auch die Osterweiterung der EU wichtige Themen sein werden. – Meine Damen und Herren, Kollege Auer, meine Herren von der Agrarlobby in der ÖVP, wie können Sie denn für eine EU-Osterweiterung eintreten, wenn Sie sich für die Landwirtschaft aussprechen? – Gerade für Österreich, für die österreichischen Bauern bedeutet die EU-Osterweiterung zum falschen Zeitpunkt und schlecht vorbereitet doch den Tod! Das ist dasselbe wie beim EU-Beitritt: Österreich ist noch nicht auf diesen gemeinsamen Markt vorbereitet. (Zwischenruf des Abg. Zweytick. ) Herr Kollege Zweytick! Du wirst dich auch noch anschauen, was mit deinem Wein passieren wird, wenn all das hereinkommt, was dann nicht mehr durch irgendwelche Zollschranken abgehalten werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Zweytick! Ich verstehe das überhaupt nicht. Da sind Sie auf einmal die großen Integrationspolitiker. Ihr solltet einmal den Grundsatz beachten: "Österreich zuerst!" Das ist ein Slogan, den auch der Bundespräsident einmal dekretiert hat. Ja, "Österreich zuerst!" – und nicht Brüssel zuerst! Österreich zuerst, und zwar in allen Bereichen der österreichischen Politik, auch in der Landwirtschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was die EU-Osterweiterung betrifft, gibt es ja mittlerweile überall Skepsis, Kollege Zweytick. (Abg. Zweytick: Da kann ich nicht zuhören!) Überall in Europa stößt man auf Skepsis, wenn es um die EU-Osterweiterung geht. Nur in Österreich will man wieder einmal päpstlicher sein als der Papst, will man wieder Musterschüler sein und gegen alle Interessen der österreichischen Bevölkerung und auch der österreichischen Landwirtschaft die EU-Osterweiterung zum ehestmöglichen Zeitpunkt umsetzen.

Ihr habt ja selbst gesagt, daß das euer Ziel ist, lieber Kollege! (Ruf bei der ÖVP: Wer hat das gesagt? Das ist unrichtig!) Alles, was ihr den Bauern erklärt, ist doch nur Makulatur! Ihr habt ihnen auch vor dem EU-Beitritt das Blaue vom Himmel versprochen. (Abg. Zweytick: Ihr versprecht das Blaue vom Himmel als Blaue!) Heute sagt ihr: Das ist eben die EU; wir können leider nicht mehr selbständig agieren, das muß man eben akzeptieren!


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