Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 126

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.39

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Tag sei ein Tag zum Feiern, hat der Herr Bundesminister heute gemeint. – Das mag sein. Ich kann mich aber auch an einen anderen Tag erinnern. Diesen möchte ich nun in Erinnerung rufen, weil er sehr viel mit der heutigen Diskussion zu tun hat, und zwar meine ich jenen Tag, an dem das Urteil des Verfassungsgerichtshofes gefällt worden ist. Man ist seitens der ÖVP diesem Urteil nicht kritisch gegenübergestanden, sondern die ÖVP hat den Tag, an dem das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gekommen ist, auch als einen Tag zum Feiern bezeichnet, sie hat diesen Tag bejubelt. Damals hieß es aber, daß, wenn wir keine Maßnahmen ergreifen würden, Bezieher höherer Einkommen bevorzugt werden würden, jene, die ein höheres Einkommen beziehen, eine höhere Steuerersparnis hätten, um vieles höher als die Bezieher niedriger Einkommen, jene bevorzugt werden würden, die zu den 3 Prozent der Bezieher höchster Einkommen in Österreich gehören. Aber auch das, Herr Bundesminister, war für Sie leider ein Tag zum Jubeln.

Ich glaube nicht, daß es, wenn man dieses Erkenntnis kritisiert, darum geht, daß man davon ausgeht, daß es dem Verfassungsgerichtshof zusteht, Sozialpolitik zu betreiben. Das ist unsere Aufgabe. Ich teile auch die Auffassung, daß das natürlich auch mit unserer gesetzlichen Grundlage zu tun hat, denn es ist auch das ständische Unterhaltsrecht, das wir haben, das zu solchen Urteilen führen kann.

Nichtsdestotrotz muß man auch Kritik üben. Es ist kein Zufall, daß der Anteil der Frauen im Verfassungsgerichtshof ein viel zu geringer ist, und unserer Auffassung nach sähe die Judikatur auch anders aus, würden Frauen stärker mit einbezogen.

Ziel ist es – damit wird das verhindert, was Sie noch vor einiger Zeit bejubelt haben –, mit sozialer Treffsicherheit Familienförderung so zu gestalten, daß diejenigen sie bekommen, die sie auch tatsächlich brauchen. Und eine Form der sozialen Treffsicherheit ist jene, daß uns jedes Kind gleich viel wert ist und gleich viel bekommen muß, und jene Kinder, die besondere Förderung brauchen, sollen zusätzliche Mittel bekommen. Da sind erfreulicherweise einige Maßnahmen gelungen, die wir heute in dem Budgetbegleitgesetz beschließen werden. Ich möchte zwei davon herausgreifen.

Die eine ist der Mehrkinderzuschlag für einkommensschwache Familien. Davon werden rund 150 000 Familien in Österreich profitieren und eine zusätzliche Förderung bekommen.

Der zweite für mich sehr wesentliche Aspekt, bei dem es uns gelungen ist, genau auf diese soziale Ausrichtung Bedacht zu nehmen, ist die Regelung der Negativsteuer, die nun, wenn die Steuerleistung eine zu geringe ist, mit 5 000 S zur Gänze gewährt werden kann; in der Vergangenheit waren das ja nur 2 000 S. Von dieser Maßnahme werden ebenfalls 100 000 Familien in Österreich profitieren.

Deshalb teile ich die Auffassung, daß mit dieser Regelung heute sehr wohl ein Tag zum Feiern sein wird. Dies ist doch – Sie haben es gesagt – eine Erhöhung von 6 000 S jährlich, und das wird für die Familien in Österreich eine spürbare Erleichterung bedeuten.

Im EU-Schnitt liegt Österreich, was die Familienförderung betrifft, im Vergleich zu den anderen EU-Staaten an zweiter Stelle. Mit den Maßnahmen, die ab dem Jahr 2000 voll greifen werden, ist es sehr wahrscheinlich, daß Österreich an die erste Stelle gelangen wird.

Viel schlechter sieht es bei der Erwerbsquote von Frauen aus. Da liegen wir nur an neunter Stelle. Daher denke ich, daß es neben diesen materiellen Zuwendungen, die sehr wichtig sind und bei denen es um die sozialen Gesichtspunkte geht, auch notwendig sein wird, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Mittelpunkt zu rücken.


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