Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 145

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im Parlament einen Antrag eingebracht hat, über den man bekanntlich zwar diskutieren, aber nicht abstimmen darf, denn sonst würde die Koalition in Brüche gehen. Das halte ich für eine – verzeihen Sie mir – parlamentarische Farce! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie es einigermaßen ernst nehmen würden und Ihnen wirklich soviel daran gelegen wäre, dann würden Sie über Ihren Antrag nicht nur beraten, sondern auch abstimmen lassen. Sie scheinen jedoch in einem einzigen Bild der außen- und sicherheitspolitischen Option festgefahren zu sein und kein anderes Bild, keine andere Sicht mehr zuzulassen. Anders kann ich mir das nicht erklären!

Damit komme ich zu einer Frage, die vermutlich auch budgetrelevant ist: Wieso haben wir alle ein so wunderschönes Handbuch zur österreichischen Sicherheitspolitik bekommen? – Es ist schön gemacht – mit Farbphotos und allem –, ich frage mich aber, wer es gemacht hat. Es ist von einer Plattform aller möglichen Institute verfaßt worden, von denen das eine oder andere meines Wissens auch öffentliche Subventionen bekommt. Es wäre interessant, ob alle Subventionen bekommen. Mich würde auch interessieren, ob zum Beispiel das Verteidigungsministerium bei der Herausgabe dieser Broschüre unterstützend zur Seite gestanden ist. Ich vermute, daß sie einen etwas offiziöseren Charakter hat, denn sonst hätten wir sie ja nicht bekommen.

Herr Minister! Wären Sie bereit, im Sinne des Pluralismus, aber auch im Sinne des Verfassungsbogens – denn noch sind wir neutral und allianzfrei, und die Optionen stehen uns zumindest theoretisch offen, davon kann ich, wenn ich der Debatte lausche, ausgehen –, zum Beispiel unseren Optionenbericht allen zur Verfügung zu stellen, indem Sie die Auflage auf Ihre Kosten noch einmal nachdrucken und dann den Militärs und allen Interessierten – vielleicht mittels eines Adressenkataloges, wie das auch bei dieser Broschüre der Fall war – zur Verfügung stellen? (Abg. Scheibner  – zu dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Fasslabend –: Das war wirklich arg mit diesem Bericht!)

Herr Verteidigungsminister! Das würde dem entsprechen, woran der Bundespräsident in seiner Neujahrsansprache erinnert hat. Dieser hat festgestellt, daß wir davon ausgehen sollten, daß es eine freie Meinungsäußerung gibt und daß allen – allen! –, ob sie nun dafür oder dagegen sind oder welche Option immer sie vertreten, dieselben Möglichkeiten, Mittel und auch dasselbe Potential zur Verfügung steht. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, da sind Sie gefordert! Wenn dem so ist und wenn Sie sich das zu Herzen nehmen, was der Bundespräsident in seiner Neujahrsansprache gesagt hat, dann erwarte ich, daß Sie unseren Optionenbericht anfordern – die Druckfahnen können Sie gerne haben –, ihn sozusagen durch die Druckmaschinen jagen und Ihrem Adressatenkreis ebenso wie diese Broschüre zur Verfügung stellen. Meiner Meinung nach wäre das das Mindeste, was es zu tun gäbe. Denn ansonsten ist diese Debatte immer einseitig, da die ÖVP – und zwangsweise offensichtlich die SPÖ mit ihr – immer an den Hebeln sitzt, Geldmittel verteilen zu können und offensichtlich auch die entsprechenden Adressaten zu haben.

Wenn Sie eine offene Diskussion wollen und wenn es Ihnen recht ist, daß alle Optionen diskutiert werden, dann können Sie sich an unserem Optionenbericht nicht stoßen, denn dieser zeigt alle Optionen auf. Es ist legitim, daß im letzten Kapitel auch eine Option der Grünen zusammengefaßt dargestellt wird. Auch hier ist eine Option ganz deutlich dargestellt (die Rednerin hält das Handbuch zur österreichischen Sicherheitspolitik in die Höhe), nämlich jene des NATO-Beitritts – und das unter dem Motto der EU-Ratspräsidentschaft.

Ich lese darin, daß wir in ein Jahr gehen, in dem Österreich die EU-Ratspräsidentschaft hat und – wie es in dieser Broschüre so schön heißt – das Gesicht und die Stimme Europas darstellt. Jetzt heißt es also sozusagen das Motto vorgeben, und das ist der NATO-Beitritt, meine werten Kolleginnen und Kollegen von der heute etwas dürftig vertretenen sozialdemokratischen Fraktion. Das sollten Sie sich einmal anschauen. Vielleicht wäre es doch gescheiter, Sie würden sich zu einem gemeinsamen Optionenbericht zusammenraufen und gleich Farbe bekennen. Denn wenn jetzt von Ihnen kein Aufschrei dagegen kommt, daß dieses Handbuch – wie ich


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