Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 72

Sie beschuldigen Menschen, die ehrenamtlich in diesen Organisationen tätig sind, oft für bescheidene Kostenersätze. (Abg. Meisinger: Wollen Sie sagen, daß der Arbeiterkammerpräsident ehrenamtlich tätig ist?) Diese Menschen beleidigen Sie ständig, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu diesen beiden Gesetzen: Wir verändern nicht die Struktur der beiden Kammern, nämlich der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer; was verändert wird, ist das Wahlrecht. Und das Wahlrecht wird in einer Art und Weise verändert, daß es demokratiefreundlicher werden soll. Es soll den Zugang zu den Wahlen erleichtern. Deshalb haben wir erreicht, daß die Briefwahl durchgeführt werden kann. Das ist eine wesentliche Erleichterung für die Arbeitnehmer, jetzt praktisch in jeder Gemeinde - auch außerhalb der gesetzlichen Wahlzeiten - wählen zu können. Es war dies eine Forderung, die die ÖVP, insbesondere der ÖAAB, immer wieder vorgebracht hat. Die Briefwahl wird durch diese Novelle, die wir heute beschließen, verwirklicht, meine Damen und Herren.

Zweiter wichtiger Punkt: Das geänderte Wahlrecht ist freundlich für alle wahlwerbenden Gruppen. Ich möchte diese Freundlichkeit gegenüber allen wahlwerbenden Gruppen ganz deutlich unterstreichen. Erstens einmal werden die Beisitzer in den Wahlkommissionen voll akzeptiert und bezahlt, soweit sie Mitglieder von wahlwerbenden Gruppen und im Vorstand der Arbeiterkammer vertreten sind. Zweitens - und das ist neu - erhalten alle wahlwerbende Gruppen Abschriften von den Wählerevidenzen, von den Wählerlisten mit Namen, Geburtsdatum, Anschrift, Beschäftigungsort und Wohnort, meine Damen und Herren. (Abg. Gaugg: Das gibt es ja bisher schon!) In dieser Form haben sie das bisher nicht bekommen. Es ist also ausdrücklich demokratiefreundlich.

Das ist eine Erleichterung, die auch Sie für Wahlwerbung bekommen werden, Herr Abgeordneter Gaugg. Sie sollten das anerkennen, daß dieses Recht nun allen wahlwerbenden Gruppen zugestanden wird. (Abg. Gaugg: Sind Sie zu sonst nichts in der Lage?)

Ich komme zu dem entscheidenden Punkt, den Abgeordneter Öllinger in den Vordergrund gerückt hat. Meine Damen und Herren! Die österreichischen Interessenvertretungen sind Körperschaften öffentlichen Rechts (Abg. Öllinger: Das habe ich gesagt!), nämlich Körperschaften öffentlichen Rechts mit - und das ist ein wesentlicher Unterschied! - hoheitsrechtlichen Rechten und Befugnissen. (Abg. Öllinger: Wo denn?) Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer haben beide hoheitsrechtliche Befugnisse. (Abg. Öllinger: Wo denn?) Ich zähle sie Ihnen jetzt nicht im Detail auf. (Abg. Dr. Kier: Sie haben Selbstverwaltung!) Sie haben im Rahmen der Selbstverwaltung übertragene Aufgaben, die aber hoheitsrechtlichen Charakter haben. (Abg. Dr. Kier: Das ist Selbstverwaltung!) - Im Rahmen der Selbstverwaltung, selbstverständlich im Rahmen der Selbstverwaltung. (Abg. Dr. Kier: Aber das ist doch nicht hoheitsrechtlich!) Das ist ganz entscheidend. Danke für diesen Hinweis, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Khol: Die Gemeinde hat auch Selbstverwaltung! - Abg. Dr. Kier: Die Kammern haben Selbstverwaltung, aber kein Hoheitsrecht! - Abg. Dr. Khol: Wenn jemand bei mir so etwas antwortet, bekommt er eine Fünf!)

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, gestalten wir das passive Wahlrecht genauso, wie es für den Nationalrat, für die gesetzgebenden Körperschaften grundsätzlich gegeben ist. Es ist das ein ureigenstes Recht der Staatsbürger. Es gibt ohnehin nur noch wenige Rechte, die an die Staatsbürgerschaft gebunden sind. Das Wahlrecht, insbesondere das passive Recht, gewählt zu werden, ist ein solches Recht, das ganz entscheidend an die Staatsbürgerschaft gebunden sein soll, meine Damen und Herren.

Ich frage mich, welchen Sinn denn die österreichische Staatsbürgerschaft noch haben soll, wenn nicht dieses ureigenste Recht, gewählt werden zu dürfen, gewählt werden zu können, sich bewerben zu können, daran gebunden ist.

Ich sage auch ganz klar: Unserer Meinung nach sind die sozialrechtlichen, die arbeitsrechtlichen Bereiche für Inländer und Ausländer genau gleich zu regeln. Das wurde auch schon mit der letzten Arbeitslosenversicherungsgesetz-Novelle geregelt, meine Damen und Herren. Aber wir


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