Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 99

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,Wenn jedoch, wie Sie selbst behaupten, Ihr Vater ein Offizier der UCK sein sollte, so ist nicht anzunehmen, daß sich die Polizei bei der Gewinnung wichtiger Erkenntnisse über einen Offizier der UCK im Verhör nur auf Schreien beschränken sollte. Viel eher wäre es wahrscheinlich, daß Sie geschlagen oder auch auf sonstige Weise mißhandelt worden wären. Die Tatsache, daß Sie jedoch nur durch Schreien in Angst versetzt worden sein sollen, weist viel eher darauf hin, daß die Polizei an der Befragung Ihrer Person gar kein so großes Interesse hatte. Gestützt wird diese Annahme durch die Tatsache, daß die Polizei Sie wieder freigelassen hat und Ihnen nur auftrug, sich in zwei Tagen wieder zu melden.

Auch zu den weiteren Fragen, wozu man einen Offizier brauche beziehungsweise ob Sie noch etwas über die UCK wissen, erklären Sie lediglich, Sie wüßten nichts. Bei Betrachtung des gesamten Verlaufes der Befragung konnte die Behörde daher nicht umhin festzustellen, daß der Asylwerber am Verfahrensablauf mangelndes Interesse zeigte und an der Sachverhaltsfeststellung nicht im nötigen Maß mitwirkte.

Aufgrund der Mißbräuchlichkeit Ihrer Asylantragstellung beziehungsweise der Tatsache, daß die Behauptung, in Ihrem Heimatland Verfolgung befürchten zu müssen, jeder Grundlage entbehrt, ist auch das Vorliegen stichhaltiger Gründe für die Annahme, daß Sie im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung einer Gefahr im Sinne obzitierter Gesetzesstelle ausgesetzt sind, auszuschließen.‘

Am 6.7.1998 wurde eine dreiköpfige Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo, bestehend aus einer schwangeren Frau, einem verletzten Mann und einem dreijährigen Kleinkind, am Grenzübergang Nickelsdorf den ungarischen Behörden übergeben. Die Flüchtlingsfamilie war im April aus dem Kosovo geflüchtet und fand in Zwettl bei einem in Österreich legal ansässigen Verwandten Unterkunft. Der Familienvater hatte sich bei der Flucht den Oberschenkel gebrochen. Der Asylantrag wurde unter Berufung auf die sogenannte Drittlandsicherheit abgelehnt (siehe APA-Meldung vom 6.7.1998).

Mit Stichtag 15.6.1998 befanden sich im Polizeigefangenenhaus Salzburg 36 Kosovo-Albaner in Schubhaft. Weitere sind bereits vorher nach Ungarn abgeschoben worden.

Die Spruchpraxis der Bundesasylbehörden in den einzelnen Ländern ist vollkommen unterschiedlich, so werden Asylanträge von der Asylbehörde im Burgenland grundsätzlich gemäß § 4 Asylgesetz wegen Drittstaatsicherheit abgelehnt. In Traiskirchen, Wien und Salzburg wurde bei einigen Anträgen festgestellt, daß die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig sei (§ 8 Asylgesetz). In Salzburg und in Traiskirchen wurde in einigen Fällen Asyl gewährt.

Die uneinheitliche Spruchpraxis beklagt auch der steirische Rechtsanwalt Marc Oliver Stenitzer. So wurde von vier Flüchtlingen aus dem Kosovo einem Ehepaar in zweiter Instanz (UBAS) Asyl gewährt, während die Anträge von Herrn M. B. aus Priština und Frau S. S. aus dem Kampfgebiet von Drenica – die Frau wurde nach ihren Angaben vergewaltigt – abgelehnt wurden. Herr B. befindet sich in Klagenfurt in Schubhaft und Frau S. steht praktisch unter Hausarrest, obwohl bereits eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurde. Die beiden Flüchtlinge sollen nach Ungarn abgeschoben werden. Der Rechtsanwalt Stenitzer kommentiert die unterschiedliche Spruchpraxis der selben Behörde bei völlig identischem Sachverhalt so: ,Ihr Pech war, daß sie einen anderen Anfangsbuchstaben haben und daher anderen Sachbearbeitern zugewiesen wurden. (...) Es kann doch nicht sein, daß das Schicksal eines Menschen in Österreich vom Anfangsbuchstaben seines Familiennamens abhängt. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit in unserem Land‘.

Herr B. und Frau S. waren nach Österreich zu den hier lebenden Verwandten geflüchtet. Wie diese beiden Personen flüchten derzeit viele Albaner aus dem Kosovo zu ihren Verwandten nach Österreich.

Die Schweiz schiebt jedenfalls bis Ende Juli keine abgewiesenen Asylwerber in den Kosovo ab (APA-Meldung vom 12.6.1998). Mehrere Bundesländer in Deutschland – vor allem die SPD-re


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