Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 175

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Zusammenfassend: Die demokratische Gesellschaft hält sich eine Schule mit einer Selektionsfunktion, und diese ist mir allemal lieber als Blutgruppe, Halsweite, Herkunft oder sonstiges.

Ich schließe, weil ich meinen Nachrednern auch noch Raum zur Beurteilung überlassen will, indem ich mich zu Schulschluß – auch im Westen Österreichs beginnen morgen die Sommerferien – bei Lehrern, Eltern und Schülern für ihre Arbeit bedanken will. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen zum nachdenklichen Schmunzeln noch eine Beschreibung dessen mit auf den Weg geben, was Schule in ihrer Unmöglichkeit ausmacht – mit einem Wort: Was ist Schule?

Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nordsüdlicher Richtung zu führen, und zwar so, daß alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielen ankommen. – Bringen wir heute Schule ein Stückchen weiter! (Beifall bei der ÖVP.)

20.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Madl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.20

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich glaube, jene Person, die nicht in dieser Demokratie beziehungsweise in dieser Welt lebt, sind Sie, Frau Kollegin Brinek. Anders kann ich mir diese höchste Zufriedenheit, die Sie gegenüber der Lehrerschaft oder der Elternschaft signalisiert haben, nicht erklären. Sie verspüren diese höchste Zufriedenheit wahrscheinlich hinsichtlich Schulen, von denen Sie geträumt haben, und das sind dieselben Schulen, in denen sich Frau Bundesministerin Gehrer bewegt, wenn sie sich Ideen für Gesetze holt, wie sie heute hier zur Verhandlung stehen.

Ich sage Ihnen, wie diese Form der höchsten Zufriedenheit, die Sie hier vom Rednerpult aus propagieren, aussieht: Es ist nämlich nicht nur das Repetierverbot, das die Schulen und die Schüler in unheimliche Schwierigkeiten bringt, sondern es sind auch die Abschaffung der Aufnahmsprüfung von der zweiten Leistungsgruppe der Hauptschulen (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt doch nicht!) oder die Gleichstellung der neuen Polytechnischen Schule mit der neunten Schulstufe.

Ich werde Ihnen auch gleich die Gründe dafür nennen. Sind Sie schon einmal in Schulen gegangen, die seit zwei Jahren proppenvoll sind (Abg. Dr. Brinek: Ja!), die seit zwei Jahren aus allen Nähten platzen, die seit zwei Jahren jede Kammer benützen müssen, um Klassen einzurichten? Waren Sie schon in solchen Schulen? Wie können Sie dann von Zufriedenheit reden? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ja nicht nur so, Frau Kollegin, daß die ersten Klassen von jenen gefüllt werden können, die aufgrund ihres Abganges von der Hauptschule im ersten Klassenzug ein positives Zeugnis haben. Es wird ja noch viel schärfer! Es gibt nicht nur die HTL in Pinkafeld, Herr Kollege Schweitzer, es gibt auch die HTL in Leonding und die HAK/HASCH in Kirchdorf. Überall, wenigstens in Oberösterreich – nicht in Ihrer Traumwelt und Ihrer Traumfabrik –, gibt es Schulen, in denen die Schulleiter nicht mehr wissen, wo sie die zweiten Klassen unterbringen sollen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Höchtl. )

Ich habe hier einen Artikel aus der "Kronen-Zeitung" mit der Schlagzeile: HTL-Leonding. Zweite Klasse: 30 müssen raus! – Schön! Frau Bundesministerin! Sie hören gar nicht zu, das interessiert Sie wohl nicht, denn Sie leben auch in einer Traumwelt. (Abg. Dr. Brinek: Sie haben nicht einmal dem Vorredner zugehört!) Ich sage Ihnen folgendes: Diese Traumwelt hat Sie soweit gebracht, daß in der Lehrerschaft ... (Zwischenbemerkung der Bundesministerin Gehrer. ) Wo Sie leben, weiß ich nicht, aber ich war sehr viel unterwegs und weiß daher: Es ist nicht ein Problem der Lehrer, die jetzt vielleicht vermehrt unterrichten können, sondern es ist ganz einfach ein Problem des Platzes und der Schulräume, weil diese schlicht nicht vorhanden sind.


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