Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 33

Österreich unterstützt die in dieser Erklärung enthaltene Absicht. Wir sind allerdings, wie Sie wissen, derzeit mitten im Prozeß der Umsetzung der Reformen des Universitätsstudiengesetzes, und die Universitäten sind in besonders engagierter Weise dabei, die neuen Studienpläne zu entwickeln. Ich habe mich daher entschlossen, parallel zu diesen Bemühungen jetzt keinen zusätzlichen Reformauftrag in eine andere Richtung draufzusetzen, aber bei der herbstlichen Rektorenkonferenz im Oktober in konkrete Gespräche mit den Rektoren einzutreten, um zu sehen, in welcher Weise auch parallel oder integriert in die Bemühung der Umsetzung der Studienpläne in manchen der Bereiche, um die es geht, jetzt schon Elemente dieser Konzeption eingebaut werden können.

Ich meine, daß wir darauf achten sollten, daß die Universitäten mit dem Reformprozeß nicht überfordert werden. Es geht darum, daß wir den einen Prozeß, der darauf abzielt, die Studien zu straffen, zu kürzen, dazu beizutragen, daß Studenten in angemessener Zeit mit ihrem Studium fertig werden können, konsequent umsetzen, und soweit sich das mit dem zweiten Ziel, das ich grundsätzlich unterstütze – ich sage das sehr ausdrücklich –, und zwar mit dem Ziel einer europäischen Standardisierung, kombinieren läßt, werden wir versuchen, das zu tun. Es bedarf dazu allerdings sehr enger Kooperation mit den Universitäten selbst.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Bundesminister! Halten Sie es für denkbar, daß wir in etwa zwei Jahren zu konkreten gesetzlichen Maßnahmen kommen, damit dann die Universitäten, die das machen wollen, auch in die Umsetzung eintreten können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Ja.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Graf, bitte.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ist diese Pariser Erklärung mit den Universitäten abgestimmt, und stellt sie nicht einen Eingriff in deren Autonomie dar?

Eine zweite zusätzliche Frage noch: Herr Bundesminister, Sie sind im wesentlichen immer dafür eingetreten, daß die akademischen Grade vereinheitlicht werden. Sehen Sie da nicht auch eine Zuwiderläufigkeit in der Gradbenennung – auch aus Ihrer ideologischen Sicht heraus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Die Erklärung von Sorbonne hat überhaupt keinen Rechtscharakter, sondern sie ist eine Absichtserklärung von vier von mir angeführten Wissenschafts- und Bildungsministern, die darauf abzielt, eine Vereinheitlichung des europäischen Universitätswesens und der dort erzielten Abschlüsse zu erreichen.

Ich stelle dazu fest: Inhaltlich teile ich diese Auffassung, weil ich meine, daß es bei zunehmender Integration Europas sinnvoll ist, da zu einer gemeinsamen Grundlage zu kommen, die den Absolventen solcher Universitätsstudien bessere Möglichkeiten der Arbeit in allen europäischen Staaten erlaubt, ohne daß es zu Anerkennungsfragen kommt.

Was den Eingriff in die Autonomie der Universitäten betrifft, so haben wir auch heute schon über die Frage der Zuständigkeit des Nationalrates zur Regelung bestimmter Angelegenheiten diskutiert, und ich meine, daß die Rahmenbedingungen für das Universitätswesen auch weiterhin vom österreichischen Parlament zu beschließen sein werden. In deren innerer Ausgestaltung ist den Universitäten Autonomie eingeräumt. Aber auch das Universitätsstudiengesetz ist zweifelsfrei eine Materie, die vom Nationalrat zu beschließen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Amon, bitte.


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