Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 61

Österreichs das dritthöchste innerhalb der 20 reichsten OECD-Nationen. Nur Japan und Portugal hatten ein noch größeres Wachstum.

Diese wirtschaftliche Erfolgsstory ist sicher der Hauptgrund dafür, daß Österreich im europäischen Vergleich überdurchschnittlich viel an öffentlichen Kulturmitteln bereitstellen kann. Österreich versteht sich als Kulturland, darüber besteht quer durch alle Parteien, Verbände und Interessengruppen – und das freut mich – nationaler Konsens. Vielleicht ist gerade dieser nationale Konsens, nämlich daß die öffentlichen Kulturausgaben hoch sind, der Grund dafür, daß seit Jahrzehnten umso mehr darüber gestritten wird, was Kultur, was Kunst ist, was gefördert werden darf und wieviel für welche Kultursparte ausgegeben werden soll. Vielleicht sind wir auch in diesem Kulturkampf europäische Spitze.

Hohes Haus! Vor 14 Tagen ist Hans Brenner, ein großer Menschendarsteller und Volksschauspieler, viel zu früh gestorben. Er war die treibende Kraft, das Herz und der Motor der Tiroler Volksschauspiele in Telfs, von denen viele Aufführungen weit über die Tiroler Landesgrenzen hinaus Beachtung und höchste Anerkennung gefunden haben. Die Volksschauspiele und Hans Brenner, die nun anerkannt und geachtet im Kunstbericht 1996, für Tiroler Verhältnisse relativ hoch dotiert, nämlich mit 1,2 Millionen Schilling – also prominent –, aufscheinen, waren in Tirol einem gigantischen Kulturkampf ausgesetzt, als sie vom heute ebenfalls etablierten und anerkannten Schriftsteller Felix Mitterer das für sie geschriebene Stück "Stigma" aufführten. Der Sturm der Entrüstung reichte weit in die Parteien, in kirchliche Kreise und in die Medienlandschaft hinein und wurde über Jahre kräftig geschürt. Die Volksschauspiele waren in weiten Kreisen der wirklich aufgehetzten Bevölkerung verschrien! Das war wirklich ein wilder Kulturkampf!

Das Stück "Stigma" wird heute von den meisten anders gesehen. Die Gesellschaft ist toleranter geworden. Der damals so angefeindete Hans Brenner wird 1998 vom Landeshauptmann persönlich, aber auch im Namen Tirols am Grabe verabschiedet. Mir persönlich ist aufgefallen, daß der ORF nicht darauf reagiert hat und keine eigene Sendung über diesen wirklich engagierten Österreicher und Tiroler gebracht hat. Das ist mir wirklich abgegangen. (Abg. Mag. Stoisits: Aber die ARD!) Die ARD schon, aber er war eben nicht ein Bayer, sondern ein Tiroler, daher hätte ich mir gewünscht, daß Programmänderungen nicht nur für Hollywood-Schauspieler gemacht werden. (Abg. Mag. Stoisits: Eine Schande für den ORF!)

Nun gibt es heute wieder Medien, Gruppierungen und Parteien – und damit komme ich zum Abgeordneten Stadler –, die glauben, aus einer Auseinandersetzung auf Kosten der Kunst billig Kapital schlagen zu müssen. So haben etwa die Tiroler Jünger der Partei der Freiheit, die er meint, mit dem Verständnis von Kunst, die Sie meinen, in Tirol vor den Wahlen versucht, die Bevölkerung gegen Künstler und deren Werke aufzuhetzen. (Abg. Böhacker: Haben Sie auch eine Meinung?) Im Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck – hören Sie zu, Sie haben es ja nicht gesehen – findet derzeit eine vielbeachtete Ausstellung mit dem Titel "Der Vogel Selbsterkenntnis" statt. – Allein der Titel sollte Sie schon zum Nachdenken anregen! (Beifall des Abg. Dr. Khol.)

Das Museum hat 25 zeitgenössische Künstler eingeladen, das Museum sozusagen gegen den Strich zu bürsten. Das heißt, daß diese Künstler bestimmte Abteilungen oder Objekte im Museum ausgesucht haben, auf die sie reagieren. Einer dieser Künstler ist Hermann Nitsch. Es ist momentan bei Ihnen, den "Tüchtigen", "Fleißigen", aber Intoleranten schick, alles an Nitsch zu verteufeln – Abgeordneter Krüger sei da ausgenommen, er hat dies ein bißchen differenzierter betrachtet und lediglich die Rituale, nicht aber das anderweitige Kunstschaffen des Herrn Nitsch abgelehnt. Sie werden sich einmal darüber einig werden müssen, wie Sie nun zu Nitsch stehen. Der Tiroler "Statthalter" der FPÖ, Franz Linser, hat gegen diese Ausstellung Stellung genommen. Er ist aufgetreten und hat beteuert, daß er die öffentliche Subvention für Ausstellungen dieser Art, an denen – in welcher Form auch immer – Hermann Nitsch beteiligt ist, sofort unterbinden würde, falls er in Tirol nach den Wahlen im März nächsten Jahres in die Regierung käme. – Dies möge das Tiroler Volk bei den Wahlen im nächsten Jahr verhindern.

Herr Präsident! Hohes Haus! Die neue Form des Kunstberichtes 1996 finde ich sehr gelungen. Das Bemühen, ihn so zu gestalten, daß sein Erscheinungsbild national und international ver


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