Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 105

16.09

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Dragi prijatelji! Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir die Volksgruppenfrage und vor allem auch die Frage der Sudetendeutschen, die Frage der Volksdeutschen, die Frage der deutschsprachigen Bevölkerung in unseren Nachbarländern eine zu ernste Frage, als daß sie durch eine sogenannte Dringliche Anfrage der FPÖ hier im Nationalrat auf ein solches Niveau hinuntergebracht wird. Sie haben ein Revanchedenken, das weder diese Länder noch die betroffenen Volksgruppen verdienen. Das möchte ich vorweg einmal festhalten.

Ich bin der Auffassung, daß es große Versäumnisse in Sachen Volksgruppenrecht sowohl in Österreich als auch im Bereich der EU gibt. Es ist unverständlich, daß die Europäische Gemeinschaft die Europäische Menschenrechtskonvention noch immer nicht zum Acquis communautaire gemacht hat. Das wäre eine ganz wichtige Aufgabe, auch in Ihre Richtung gesprochen, Herr Minister. Sie müssen so vorgehen, daß wir zu einem guten, soliden europäischen Volksgruppenrecht kommen.

Eine Problematik ist insofern gegeben, als man im Zusammenhang mit der Kopenhagener Erklärung von den neu hinzukommenden Ländern verlangt, sozusagen päpstlicher zu sein als der Papst selbst. In vielen EU-Ländern – ich möchte jetzt keine Namen nennen – gibt es keinen beziehungsweise nur einen sehr geringen Volksgruppenschutz, ja es gibt sogar noch immer Bestrafungen, wenn jemand bestimmte Sprachen ethnischer Gemeinschaften in diesen Ländern verwendet. – Die Berücksichtigung dieses Themas wäre eine zentrale Aufgabe, die Sie in die EU-Dokumente hineinverarbeiten hätten müssen.

Die Dringliche Anfrage der FPÖ hat vor allem einen zentralen Mangel, und ich hoffe daß wir darin einer Meinung sind – man kann Fehler machen, aber man kann sich auch bessern –, nämlich, daß Sie mit der Problematik dieser Volksgruppen einfach um ein paar Jahre zu spät einsetzen, daß Sie die gesamte Entwicklung vor dem Zweiten Weltkrieg vergessen, nämlich den Mißbrauch dieser Volksgruppen für ganz bestimmte negative Ziele und auch die Bereitschaft vieler Angehörigen dieser Volksgruppen, an der NS-Entwicklung mitzuwirken. Das muß mitberücksichtigt werden. (Abg. Dr. Ofner: Karl, sag mir nur, was das mit 1998 zu tun hat! Du bist 60 Jahre zurück!)

Was die Beneš-Dekrete und die AVNOJ-Beschlüsse von Jajce betrifft, bin ich mit Ihnen einer Meinung: Alles, was darin völkerrechtswidrig, menschenrechtswidrig oder volksgruppenrechtswidrig ist, gehört sofort beseitigt! Heute! Sofort! Noch an diesem Tag! Darin sind wir völlig einer Meinung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir können es nicht tolerieren – nicht in unserem Lande und auch nicht in den Nachbarländern –, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten und durch alte oder neue Gesetze relativiert werden!

Aber gehen wir mutig an die Materie, vor allem hier im österreichischen Parlament! Da steht manches an. Heute, einige Stunden später werde ich dann jene Stimmen abzählen, die mit mir gemeinsam einige österreichische Versäumnisse aufholen wollen. (Abg. Dr. Ofner: Maßnahmen! Was genau? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, daß die Verfassung, daß die Verfassungsgrundurkunden dieser Länder einen großen Teil dieser auch von mir nicht akzeptierten seinerzeitigen Maßnahmen, Erklärungen und Rechtsnormen – was das genau war, wissen wir in vielen Bereichen ja gar nicht – eine Reihe dieser schrecklichen Bestimmungen derogieren und durch neue ersetzen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) So etwas, nämlich einen richtigen Ansatz sehe ich auch in der deutsch-tschechischen Erklärung, und zwar im Artikel 5, den ich aber hier wegen der kurzen Redezeit nicht zitieren möchte. Sie ist Ihnen allen ja sicherlich bekannt.

Es wundert mich allerdings, daß Sie nicht darauf verweisen, daß einige andere Länder schon mutigere Schritte gesetzt und gute Normen haben. Das heißt, daß es diesbezüglich in Nachbarländern auch gute Vorbilder gibt. (Abg. Dr. Ofner: Welche Konsequenzen haben die Tschechen gezogen? Die Deutschen haben gelernt – die Tschechen nicht!) Ich bin absolut bereit, dabei mit


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