Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 90

gestern geschehen ist. Nur, einen politisch kapitalen Fehler hat die Opposition gemacht, und dieser Fehler erleichtert das Abqualifizieren. (Abg. Wabl: Bitte um Beratung!) Es war ein grober Fehler, einen Untersuchungsausschuß und gleichzeitig den Rücktritt von Minister Farnleitner zu verlangen, denn damit setzt man sich schon dem Vorwurf der Parlamentsjustiz aus; dieser ist nicht ganz unberechtigt. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.)

Frau Kollegin Langthaler! Wenn Vorerhebungen der Justiz stattfinden und zugleich ein Untersuchungsausschuß untersucht und den Schuldigen schon gefunden hat, hat das inquisitorischen Charakter, darüber kann man nicht hinwegtäuschen. Und die Grünen und das Liberale Forum (Abg. Mag. Barmüller: Das sind doch verschiedene Ebenen!) – Herr Kollege Barmüller, ich komme gleich zu Ihnen –, die ja sonst mit Rechtsgrundsätzen ... (Abg. Wabl: Herr Kräuter! Sie erzählen uns ja, nach der Wahl müssen wir untersuchen! Was glauben Sie, wann das Gerichtsverfahren zu Ende ist?) Nein, nein, Kollege Wabl, nicht nach der Wahl! (Weitere Zwischenrufe.)

Kollege Barmüller, Kollege Wabl, die Liberalen und die Grünen gehen an sich recht sorgfältig und verantwortungsbewußt mit Rechtsgrundsätzen um. Ich bitte, einmal nachzudenken: Soll man wirklich Grundsätze, wie Artikel 6 Menschenrechtskonvention, "fair trial" und so weiter, am Altar des Oppositionseifers opfern? Besonders der Jurist Barmüller ist hier gefährdet. Rechte im Strafverfahren – ich zitiere jetzt aus der Rechtswissenschaft (Abg. Wabl: Herr Kräuter, Herr Kräuter! In welcher Partei sind Sie?) –, Rechte im Strafverfahren können durch vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen gemachte Aussagen illusorisch gemacht werden. – Rechte im Strafverfahren können illusorisch gemacht werden!

Meine Damen und Herren! Eine Entscheidung über einen Untersuchungsausschuß ist jedenfalls eine rechtliche und rechtspolitische Güterabwägung.

Und jetzt zur Frage: vor der Wahl, nach der Wahl, Untersuchungsausschüsse: Noch heuer wird die Justiz die Vorerhebungen abschließen, wird die Expertenkommission einen Bericht vorlegen, und dann ist der Zeitpunkt gekommen, die Entscheidung über einen Untersuchungsausschuß zu treffen. Und für mich wird die Kernfrage bei dieser Entscheidung sein: Sind Umstände der politischen Verantwortung offengeblieben?

Übrigens: Es gibt auch noch einen ganz pragmatischen Grund, einen Bericht einer Expertenkommission abzuwarten. Wie beginnt denn beispielsweise ein Unterausschuß des Rechnungshofes oder ein Untersuchungsausschuß im Parlament zu arbeiten? – Natürlich mit einer Ausgangsexpertise, die ja dann die Basis für weitere Untersuchungen ist. Und niemand kann bestreiten, daß sich der Bericht der Expertenkommission als Grundlage für den Untersuchungsausschuß eignen würde.

Meine Damen und Herren! Für mich als steirischen Politiker, der ich doch etwas näher am Geschehen bin, sind natürlich Fragen der politischen Verantwortung von Minister Farnleitner, aber auch von Landeshauptfrau Klasnic von Interesse. Im Zusammenhang mit Landeshauptfrau Klasnic ist sicher auch einiges aufklärungsbedürftig, was diesen ganzen Prozeß der Rettung und Bergung betrifft. (Abg. Zweytick: Weil sie römisch-katholisch ist? Sie hat das Recht, daß sie glaubt!) Keine Nervosität, ich werde das gleich ausführen! Ich verurteile jetzt nicht, Kollege Zweytick, ich bleibe ganz sachlich.

Die Frage ist: Wann hat Klasnic welche Zuständigkeit gehabt? Wann hat sie welche Zuständigkeit überschritten? Wann hat sie welche Handlungen gesetzt? Wann muß sie Unterlassungen verantworten? Ich verurteile überhaupt nichts, sondern es geht um vollständige Aufklärung, wie sie auch immer lauthals der ÖVP-Klubobmann im Steiermärkischen Landtag verlangt.

Angesichts von APA-Meldungen, wonach sich zum Beispiel am 18. Juli der Bundespräsident angesichts des furchtbaren Grubenunglücks telefonisch mit Landeshauptfrau Klasnic als Leiterin des Krisenstabs in Verbindung gesetzt hat, muß man schon auch hinterfragen, in welcher Form und wie das geschehen ist.


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