Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 72

Wie Sie wissen, wurden über 300 slowenische Familien zur NS-Zeit ausgesiedelt. Viele sind ins KZ gekommen, jene, die zurückgekehrt sind, fanden überwiegend leere, ausgeraubte Höfe vor. Die Slowenen waren aber alle dazu bereit, die Südtiroler, Kanaltaler und sonstigen Volksdeutschen auf ihren Bauernhöfen aufzunehmen! Und ich möchte betonen, daß mir kein einziger Fall bekannt ist, bei dem es anders gewesen wäre! Sie gaben ihnen allen – und es gab viele, auch Familien mit Kindern! – weiterhin Obdach in ihrem eigenen Haus; eine großartige Leistung angesichts des Umstandes, daß sie selbst nichts hatten! (Abg. Dr. Ofner: Und wie ist das Ganze weitergegangen? – Abg. Gaugg: Sagt Ihnen der Name König aus Globasnitz etwas?)

Meine Damen und Herren! Ich kann hier nur auf einzelne Bereiche eingehen. Die Moskauer Deklaration war ein ganz wichtiger Meilenstein auf dem Weg unserer Republik zur Selbständigkeit! Erst vor kurzem haben wir die Ehre gehabt, ein einschlägiges Buch vorgestellt zu bekommen. Gerade dadurch konnten sich Außenminister Gruber und andere auf den Beitrag Österreichs zur eigenen Befreiung berufen. Und es gab nur wenige Gruppierungen, die sich damals klar als Widerstandkämpfer betätigt haben, darunter vor allem Kärntner Slowenen, burgenländische Kroaten und Wiener Tschechen! Daß sich viele Deutschsprachige, etwa in Kärnten, am Widerstand beteiligt haben, will ich aber ebenfalls anerkennen!

Wir müssen jedoch vor allem über jene Fehler diskutieren, für die wir unmittelbar verantwortlich sind: das sind die Fehler und die Unterlassungen der Zweiten Republik!

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne werden sich die österreichischen Volksgruppen bemühen, die Schäden der Jahre 1938 bis 1945, aber auch jene aus der Zeit danach klar zu dokumentieren und vorzulegen. Ich werde mir erlauben, die Ergebnisse von dieser Stelle aus vorzutragen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Gaugg – er ist im Augenblick nicht im Saal –, ich erteile Ihnen für die Formulierung "das ist Volksverhetzung" einen Ordnungsruf.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt noch zwei Redner in dieser Debatte, und ich bitte Sie, dafür Sorge zu tragen, daß diese Diskussion in einer Atmosphäre beendet wird, die dem Thema gerecht wird.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

12.57

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die heutige Debatte hat uns aus meiner Sicht wieder einmal sehr deutlich vor Augen geführt, wie notwendig und wichtig es auch im Zusammenhang mit der von allen immer wieder beschworenen Aufarbeitung ist, daß wir eine in Österreich unabhängige, internationale, mit anerkannten Experten besetzte Historikerkommission einsetzen, damit eine erfolgreiche Aufarbeitung der Versäumnisse auch der Nachkriegszeit bewerkstelligt werden kann.

Aus diesem Grunde bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger und Kollegen betreffend restlose Aufklärung der Bereicherung von SPÖ und ÖVP zu Lasten der NS-Opfer

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich die erforderlichen Veranlassungen zur Einsetzung einer wirklich von den österreichischen Parteien unabhängigen, mit internationalen Experten besetzten Historikerkommission zur Aufarbeitung der im Zusammenhang mit dem Schicksal und dem Vermögen der NS-Opfer festzustellenden Versäumnisse der Nachkriegszeit


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