Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 73

und insbesondere der Rolle der österreichischen Bundesregierung und der damaligen Koalitionsparteien zu treffen.

Dabei ist es unverzichtbar, daß die Funktion des Vorsitzenden der Kommission international ausgeschrieben wird und alle Mitglieder der Kommission im Einvernehmen mit den Organisationen der NS-Opfer und deren Nachkommen bestellt werden.

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Aufgrund der Kürze meiner Redezeit möchte ich es dabei belassen, die Diskussion darüber wurde ohnehin bereits geführt. Ich möchte jedoch insbesondere zu zwei Debattenbeiträgen, nämlich jene des Kollegen Smolle und des Kollegen Kier, Stellung nehmen und von dieser Stelle aus noch einmal klar und dezidiert folgendes festhalten:

Herr Kollege Smolle! Wir reden alle von Aufarbeitung, nur Sie reden immer dann, wenn es Ihnen politisch in den Kram paßt, davon, daß die Aufarbeitung, die der andere genauso fordert wie Sie, Aufrechnung bedeutet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist unrichtig: Aufarbeitung aller Schicksale, aller Opfer, aller Vermögensfragen ist angesagt, und nicht der Vorwurf der Aufrechnung, der in jeder Diskussion mehr oder weniger als Totschlagskeule verwendet wird. (Abg. Dr. Nowotny: "Totschlagskeule" ist kein schönes Wort in diesem Zusammenhang! – Abg. Dr. Mertel: Das ist eben die Sprache der Freiheitlichen!) – Es ist eben so! Sie wollen damit die Debatte abwürgen, aber es ist leider Gottes so! (Abg. Dr. Nowotny: Ihre Worte verraten Sie!)

Kollege Kier hat heute von diesem Rednerpult aus gesagt, daß diese Debatte auch im Zusammenhang mit den Sudetendeutschen geführt werden muß, nur nicht hier! – Ich habe in den letzten fünf Jahren in jeder diesbezüglichen Debatte in diesem Hause gesehen und gehört, wie immer wieder mit dem gleichen Argument versucht wurde, die Frage der Sudetendeutschen und der an ihnen verübten Greueltaten von diesem Hohen Haus fernzuhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein einziges Mal ist es gelungen, eine echte Debatte über diese Frage zu beginnen, und zwar ab dem Sommer dieses Jahres bis in den Oktober hinein. Das hat letztendlich auch medial seinen Niederschlag gefunden, auch in den Medien wurde über dieses Thema ausreichend und wirklich gut diskutiert, die Leserbriefe dazu zeigen das. – Man kann aber nun seit geraumer Zeit nichts mehr über diese Frage in den Medien lesen, und es wird hier schon wieder versucht, diese Debatte zu beenden. Das ging – aus meiner Sicht, die ich Ihnen aber nicht vorenthalten möchte – Hand in Hand mit einem bestimmten Ereignis, nämlich der Vernaderung und Verleumdung des Altbürgermeisters Zilk! Mit diesem Thema war die Debatte über die Sudetendeutschen tatsächlich beendet.

Nachdem am 9. Oktober auf Seite 2 der "Kronen Zeitung" ein halbseitiger, vollkommen richtiger Artikel zu den Beneš-Dekreten erschienen war und auch alle andere Medien begannen, dieses Thema erstmalig in der Nachkriegsgeschichte öffentlich aufzuarbeiten, hat meiner persönlichen Überzeugung nach der in Tschechien immer noch vorhandene Geheimdienst seine Funktion erfüllt, indem er diese öffentliche Debatte – wie man in Österreich so schön sagt – "abgestochen" hat. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Man hat damit noch etwas anderes erreicht: Durch diese Geschichte wurde auch jemand, der sich immer wieder für die Belange der Sudetendeutschen in Tschechien eingesetzt hat, nämlich Präsident Havel, getroffen. Man hat also den Ombudsmann der "Kronen Zeitung" instrumentalisiert, um diese Debatte zu verhindern. Das ist der eigentliche Skandal in dieser Geschichte, aber einen Aufschrei darüber habe ich hier noch nie gehört, auch heute nicht. Meiner Ansicht nach wäre aber dieses Ereignis in die Aufarbeitung mit einzubeziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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