Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 174

barkeit zu reden, denn es soll den Tätern von heute und morgen klar sein, daß sie irgendwann einmal zur Verantwortung gezogen werden – oder zumindest gezogen werden können.

Freilich ist und wäre es besser, präventiv zu verhindern, daß diese Gerichte überhaupt tätig werden müssen. Ich glaube, daß es da sehr verschiedene Rollen im internationalen Kontext geben kann. Ich meine, daß die österreichische Rolle die eines Frühwarnsystems im Falle von Konflikten und Krisen sein und auch im Bereich der humanitären Hilfe liegen sollte.

Es wäre, glaube ich, zur Ausfüllung von Entschließungen des Parlamentes auch notwendig, daß wir im eigenen Lande kritischer beurteilen, wie es hier mit den Menschenrechten steht. Es ist nicht so, Herr Abgeordneter Ofner, daß die Situationen im eigenen Land nicht gesehen werden. Es ist nur leider oftmals kein politischer Konsens vorhanden, auch weil der Eindruck entsteht, die Administrationen handelten ohnedies korrekt. (Abg. Dr. Graf: Das hat aber Kollege Ofner gesagt!) Es ist aber nicht in allen Fällen so.

Ich weiß nicht, wie die österreichische Bevölkerung den folgenden Fall beurteilen würde: Es geht um ein Ehepaar aus Kosova. Der Mann ist seit 1991 in Österreich, arbeitet hier legal, hat eine durchaus ansprechende Wohnung. Er hat seit langem für seine Ehefrau ein Visum beantragt, damit sie nachkommen kann, aber die Antwort lautet: Die Quoten sind voll. Seit Jahren sind die Quoten voll für die Ehegattin eines seit 1991 hier arbeitenden Kosovo-Albaners. Pech gehabt!

Jetzt ist das Dorf dieser Frau dem Erdboden gleichgemacht worden. Sie ist natürlich in dieser Situation zu ihrem Mann nach Reichenau an der Rax gekommen. Überhaupt kein Problem! Sie wurde in dieser Gesellschaft von den Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit der größten Selbstverständlichkeit aufgenommen. Nur die österreichischen Behörden haben kein Einsehen. Es gibt eben auch für den Familiennachzug derzeit keine freien Plätze. So hat man am 10. Oktober diese Kosovo-Albanerin, deren Dorf dem Erdboden gleichgemacht ist, mit Befehls- und Zwangsgewalt von ihrem Mann weggeholt. Man hat gesagt, sie hätte ja in Kroatien um Asyl ansuchen können, sie hätte ja nicht nach Österreich kommen müssen, obwohl ihr Mann hier seit sieben Jahren arbeitet, Geld verdient und Steuern zahlt.

Die Frau hat dann gesagt, daß sie schwanger sei. Man hat ihr nicht geglaubt, man hat sie zwangsweise im Spital untersucht: Und sie ist schwanger. Das hat sie einstweilen vor der Abschiebung bewahrt – "einstweilen", wie die Behörde hinzugefügt hat, denn, wenn das Kind geboren ist, dann werden sie wohl gehen müssen.

Ich denke, wenn man so mit Menschenrechten umgeht, dann ist es zwar immer noch legitim, selbstverständlich die Situation überall, wo Menschenrechte dramatisch und notorisch verletzt werden, mit noch härteren Worten anzugreifen. Aber ich denke, auch solche kleinen und größeren Grausamkeiten sind gegen die Menschenrechte. Niemand, keine öffentliche Meinung zwingt das Land Österreich, so zu handeln. Sie hätten breiteste Akzeptanz für Fälle wie diesen, nur: Die Normen sind eben anders.

Herr Bundesminister! Ich weiß, daß Sie etwa im ehemaligen Jugoslawien etliche Entscheidungen getroffen haben, die ich persönlich für richtig halte und bei denen ich glaube, daß es wichtig war, diplomatische Vertretungen aufrechtzuerhalten oder auch sich für Beobachter in Kosova einzusetzen. Ich ersuche Sie wirklich, auch im Rahmen der Bundesregierung mit mehr Nachdruck zu verlangen, daß in Österreich auch seitens der Exekutive, seitens der Polizeibehörden nicht derartige Menschenrechtsverletzungen passieren.

Gerade an die Adresse der ÖVP gerichtet: Ich denke, in Krisen wie etwa der Krise in Kosova sollte man bei den Quoten für den Familiennachzug, so dieser überhaupt Quoten haben muß – ich glaube, Familie zu haben, ist ein Menschenrecht und darf nicht an Quoten gebunden sein –, Vorziehungen erlauben. Man sollte erlauben, daß Menschen aus diesen unmittelbaren Kriegs- und Kampfgebieten selbstverständlich zu ihren nächsten Angehörigen kommen, die dann ja auch für sie sorgen wollen und können. Ich denke, da passieren auch in unserem Land völlig unbillige Härten.


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