Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 72

ziehbar, denn das Schmerzensgeld wird nicht vom Verhandlungsrichter geschätzt, sondern das Schmerzensgeld wird von Sachverständigen – meistens sind es mehrere – aufgrund der eingeholten Krankengeschichten, der eigenen Untersuchung und ähnliches mehr bestimmt.

In aller Regel ist zuerst der Chirurg an der Reihe. Der Chirurg verweist dann darauf, daß er noch einen Orthopäden, einen Internisten, mitunter auch einen Psychiater beziehungsweise Neurologen hinzuziehen muß. Das ist im Strafverfahren einfach nicht abwickelbar. Natürlich wäre es angenehm, wenn alles in einem Aufwaschen ginge, aber darauf zu hoffen, ist, so glaube ich, völlig verfehlt.

Diese Novelle, die heute beschlossen werden soll, ist wichtig, aber sie reicht nach Ansicht von uns Freiheitlichen zuwenig weit. Beobachter wundern sich immer, daß es nur sehr geringe Beträge sind, die insgesamt nach dem Verbrechensopfergesetz in Anspruch genommen werden. Das hat seine Ursache zunächst darin, daß die Leute gar nicht wissen, was ihnen eigentlich zusteht, aber auch darin, daß die Anspruchsmöglichkeiten relativ restriktiv sind.

Wir meinen, daß jeder den Anspruch haben sollte, alles, was er vom Täter verlangen kann, auch nach dem Verbrechensopfergesetz bevorschußt zu bekommen – außer Sachschaden –, also alles, was mit Heilungskosten einerseits, mit Verdienstentgang andererseits, aber auch mit Schmerzensgeld zusammenhängt. Bei schweren Verletzungen spielt ja Schmerzensgeld eine ganz wesentliche Rolle. Es ist kein Vergnügen, dieses zu bekommen, es ist sozusagen nicht die Butter aufs Brot, sondern bei Menschen, die Wochen, Monate, Jahre – vielleicht ihr ganzes Leben lang! – aufgrund von strafbaren Handlungen schwere Schmerzen erleiden müssen, gehört es einfach dazu, um ihnen das Leben erträglicher zu gestalten. Warum soll es gerade da nicht die Möglichkeit geben, sich aus der Solidargemeinschaft aller Bürger heraus um die Bevorschussung zu kümmern?

Es geht uns also darum, nach dem Verbrechensopfergesetz das entschädigt und bevorschußt zu bekommen, was das Opfer an und für sich vom Täter verlangen und auch bekommen könnte. Dazu gehört, wie gesagt, nicht nur das Schmerzensgeld, sondern etwa auch die Entschädigung wegen Verunstaltung oder auch der Verdienstentgang – nur nicht der Sachschaden, wenn also etwa durch einen Einbruch oder ein anderes Vermögensdelikt ein Schaden entstanden ist. Das kann nicht Problem der Solidargemeinschaft sein. Die Mißbrauchsmöglichkeit wäre auch zu umfangreich.

Wir Freiheitlichen haben daher einen Entschließungsantrag eingebracht, den ich nunmehr zur Verlesung bringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Ofner, Mag. Herbert Haupt, Dr. Martin Graf, Edith Haller, Dr. Michael Krüger zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1472 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes (1484 der Beilagen) betreffend mehr Hilfe für Verbrechensopfer

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat binnen Jahresfrist einen Gesetzentwurf zur umfassenden Novellierung des Verbrechensopfergesetzes zuzuleiten, der folgende Ausweitungen der Leistungspflicht des Bundes vorsieht:

1. Hilfeleistungen sollen bei allen gerichtlich strafbaren Delikten zustehen.

2. Alle bei Verletzungen am Körper oder an der geschlechtlichen Selbstbestimmung zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche, insbesondere aber das Schmerzensgeld, sollen in die Hilfeleistung einbezogen werden.

3. Auch für verletzungsbedingte Mehrkosten, die durch Straftaten an nicht erwerbstätigen Ehepartnern entstehen, sollen Hilfeleistungen gewährt werden.


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