Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 21

Könnten Sie, Herr Bundesminister, diese "Pionierarbeit" ein bißchen konkretisieren? Was haben Sie zum Beispiel im Bereich der Steuerharmonisierung konkret erreicht? Das heißt: Wann wird was geschehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Zunächst: Sie, Herr Abgeordneter, haben da nicht genau aufgepaßt. Aber das ist ja kein Wunder, denn Sie haben, als Ihr Name vom Herrn Präsidenten aufgerufen wurde, gerade mit jemandem diskutiert.

Mein Ausdruck "Pionierarbeit" bezog sich nämlich nicht auf die Steuerharmonisierung, sondern auf die sehr konkreten Formen der Entwicklung des wirtschaftspolitischen Dialoges. – Sie können das ja im Protokoll nachlesen. Da haben wir tatsächlich Pionierarbeit geleistet, denn der wirtschaftspolitische Dialog, der zu Beginn unserer EU-Präsidentschaft eigentlich noch von sehr vielen relevanten großen Ländern in Frage gestellt wurde, ist so in Gang gekommen. Es wurde bis dato in Frage gestellt, ob es tatsächlich notwendig ist, den wirtschaftspolitischen Dialog unter den elf Mitgliedsstaaten beziehungsweise auch unter Einbindung der Europäischen Zentralbank zu führen.

In der Zwischenzeit steht bitte völlig außer Streit, daß sich dieser wirtschaftspolitische Dialog unter diesen elf Ländern – diese haben ja wechselweise besondere Verantwortung füreinander, eben aufgrund der gemeinsamen Währung – auch auf die Fiskalpolitik zu erstrecken hat. Und es steht jetzt auch außer Streit, daß dieser Dialog auch mit der Europäischen Zentralbank zu führen ist, etwas, das von absoluter Notwendigkeit ist – ohne bitte den Grundsatz der Unabhängigkeit der Notenbanken in Frage stellen zu wollen. Dialog heißt ja nicht Infragestellung der Unabhängigkeit, sondern Dialog heißt: redliches Bemühen, um zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, die im Interesse der elf Mitgliedsstaaten und der gemeinsamen Währung liegen.

Was die Steuerharmonisierung betrifft, möchte ich doch darauf hinweisen, daß die gesamteuropäische Steuerdiskussion auch im Hinblick auf Harmonisierungsschritte bereits seit 1991 läuft. Im sogenannten Ruding-Report wurde ja darauf hingewiesen, welche Entwicklung die Europäische Union nehmen könnte, wenn es eine konträre Entwicklung der einzelnen Steuersysteme gäbe. Daß Harmonisierungsschritte äußerst schwierig sind, da es eben in elf europäischen Staaten unterschiedliche nationale Steuersysteme gibt, braucht wohl nicht besonders betont zu werden.

Worin die, wie ich glaube, dann sicherlich extrem positive Beurteilung der österreichischen Präsidentschaft in diesem Bereich liegen wird, ist, daß man noch bis zum vergangenen Jahr die Steuerpolitik, Schritte der Harmonisierung beziehungsweise Koordination selektiv gesehen hat – einmal diesen Bereich und einmal jenen – und sich wunderte, daß man eigentlich nicht weitergekommen ist, während wir, auch ausgehend von der gesamteuropäischen Steuerkonferenz, die wir am Beginn unserer EU-Präsidentschaft in Wien mit Experten aus allen Ländern der Europäischen Union und darüber hinaus durchgeführt haben, zur Überlegung gekommen sind, daß jedes Land der Europäischen Union bestimmte Aspekte seines nationalen Steuersystems hat, das irritierend auf andere Bereiche des gemeinsamen Binnenmarktes wirkt.

Wir sind daher zur Überlegung gekommen, daß wir überhaupt nur dann eine Chance haben, die einzelnen Systeme schrittweise anzugleichen, wenn das in einem Paket dargestellt wird und man dann auch in der Diskussion die Beweisführung dafür antritt, daß sich jeder, und zwar jeder sozusagen an einem anderen Ende eines solchen koordinierten Paketes, bewegen muß. Auch für diese Frage ist – mit ganz wenigen Ausnahmen; es wäre übertrieben, wenn ich sage, alle 15 Mitgliedsländer applaudieren bereits – eine überwiegende Mehrheit in bezug auf eine solche Vorgangsweise erzielt worden. Übrigens: Ich habe immer gesagt, daß Steuerharmonisierung keine Angelegenheit von sechs Monaten, sondern ein länger dauernder Prozeß ist.

Wir haben daher, bevor wir dieses Problem in Angriff genommen haben, sowohl mit Deutschland als auch mit Finnland – das sind jene beiden Länder, die nach uns die EU-Präsidentschaft innehaben werden – darüber gesprochen. Und erst nachdem auch Deutschland und Finnland dieser Meinung waren – jawohl, das ist ein wichtiges Thema, und das wird noch wichtiger, wenn


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