Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 36

Das ist nicht angenehm, und ich meine, Sie sollten schon bedenken, daß sich das herumspricht, denn der UNHCR ist keine Organisation, der Sie ein Redeverbot auferlegen können. Man spricht darüber, und das ist nicht gut. (Abg. Jung: Wo?) – Ich würde sagen, wenn es Sie beruhigt, auch an der Ostküste, wenn Sie das meinen sollten. Man spricht auch an der amerikanischen Ostküste darüber, falls Sie das meinen sollten, auch dort spricht man darüber. Das Hauptquartier der Vereinten Nationen ist bedauerlicherweise an der amerikanischen Ostküste, falls Sie das nicht bemerkt haben sollten.

Eines ist entlarvend – als Schlußbemerkung –, nämlich daß Kollege Leikam und Kollegin Partik-Pablé in diesen Fragen zu 100 Prozent auf einer Wellenlänge arbeiten. Das ist bemerkenswert. Wenn Frau Kollegin Partik-Pablé gemeint hat, Minister Schily aus der fernen Bundesrepublik Deutschland sei für eine Nulleinwanderungsquote, und das sagt sie uns in einer Asyldebatte – ich würde gerne einmal in einer anderen Debatte über die Nulleinwanderungsquote reden –, dann sieht man, welch unredliches Spiel hier gespielt wird, nämlich das Spiel, Flüchtlinge als Einwanderer zu bezeichnen, damit gleichzeitig womöglich auch noch als illegale Einwanderer zu bezeichnen, als illegale Ausländer zu bezeichnen, sie letztlich in die Schubhaft zu geben. Und am Schluß sind sie so kriminalisiert, daß sie hinaus müssen – und nach dem Asylgrund fragt schon längst keiner mehr! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Du hast wieder einmal nicht aufgepaßt! – Abg. Mag. Stadler: Nicht jeder, der behauptet, ein Liberaler zu sein, ist ein Liberaler! Nicht jeder, der behauptet, ein Flüchtling zu sein, ist ein Flüchtling!)

Wenn mir irgend jemand von diesem Pult aus sagt: Für das Asyl sind wir schon, nur die Einwanderung macht uns Sorgen!, dann könnte ich diesem Menschen noch glauben, wenn er nicht dann, wenn der Asylfall auftritt, mit der Rasierklinge die Grenzen abschnitte, neue Eiserne Vorhänge aufzöge und aus der Europäischen Union das machte, was viele vorher befürchtet haben, daß sie werden könnte: eine Festung, die nicht human, sondern inhuman ist, eine Festung, vor deren Mauern die Menschen verhungern, erfrieren und gefoltert werden. Ich meine, das ist ganz schlecht!

Wenn Sie ständig die Begriffe Einwanderung und Asyl durcheinanderwerfen – in der wohlerwogenen Absicht, daß Sie dann noch mehr Vorurteile hinter Ihre Segel bekommen; Herr Bundesminister, das ist an Sie adressiert –, dann machen auch Sie einen Fehler. Sie müßten diesen Vorurteilen gegensteuern, Sie müßten sich dagegenstellen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Frau Kollegin Partik-Pablé! Wenn Sie gesagt haben, Minister Schily fordere vorbildlicherweise die Nullquote, und das in einer Asyldebatte, dann sagen Sie ganz ehrlich: Wir wollen das Asyl in diesem Land nicht! Es ist uns zu teuer, diese Menschen haben falsche kulturelle Gewohnheiten, sie könnten womöglich auch noch, wenn man sie integrieren muß, Ansprüche stellen, weil sie mit Integration nicht Assimilation meinen, sondern ein würdevolles Eingliedern in eine Gesellschaft. Und das ist ein schwieriger Prozeß. Wir sind nicht so naiv, zu glauben, daß das ein einfacher Prozeß ist, aber es ist ein zweiseitiger Prozeß.

Wenn Sie all jenen Wasser auf ihre Mühlen gießen, die in einem Fremden sowieso sofort einen Feind sehen, dann tun Sie einer friedlichen Gesellschaft keinen guten Dienst. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

10.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.40

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Damit ich mit einem unverdächtigen Zeugen beginnen kann, lese ich Ihnen aus der gestrigen Ausgabe des "Standard" Auszüge eines Interviews mit Dr. Blatter, dem UNHCR-Chef in Österreich, vor.

Der "Standard" – ich zitiere – fragt Dr. Blatter:


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