Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 28

die Leute dürfen sich damit selbst fotografieren! Das ist Ihre Wirtschaftspolitik! Krämerseelenmentalität ist das! Krämerseelenmentalität! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht auch noch um etwas anderes, meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hat gesagt, in diesem Falle seien doch die Länder gefordert. Die Länder sind gefordert, Frau Abgeordnete, aber es ist auch der Bund gefordert! (Abg. Tichy-Schreder: Stadt und Land – das habe ich gesagt!)

Es wurde eine Petition zur Sicherung der Lebensmittelnahversorgung eingebracht, in der darum gebeten wird, daß alle Bundesregelungen, die die Initiative des Lebensmittelnahversorgers einschränken und seinen Kampf um wirtschaftliche Existenz schwächen, aufgehoben werden mögen. Diese Damen und Herren werden doch keine Leute sein, die vielleicht andere knechten wollen, die sich schon darauf freuen, Angestellte zu haben, die sie dann, die weinenden Kinder zu Hause zurücklassend, am Sonntag in ihr Geschäft zwingen können, um sie Überstunden machen zu lassen, für die sie ihnen dann nichts zahlen.

Was ist denn das für eine Haltung, mit der Sie auch Ihren Mitgliedern gegenübertreten? Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, daß das, was bisher an Politik seitens der Wirtschaftskammer gemacht worden ist, den Nahversorgern wirklich geholfen hätte. Reden wir doch darüber, meine Damen und Herren, wieviel an Infrastruktur für Großmärkte bereitgestellt wird – und da stimme ich durchaus der Frau Abgeordneten Dr. Moser zu – und was etwa im Bereich der Verkehrspolitik, gerade auch im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs, für die Nahversorgung gemacht wird. (Abg. Tichy-Schreder: Ich habe immer betont, wie wichtig das ist!)

Das haben Sie gesagt. Aber, Frau Abgeordnete, denken Sie doch daran: Sie sind sogar in einer Regierungspartei, und zwar seit zwölf Jahren! Sie hätten doch die ganze Zeit entsprechend handeln können! Sie können sich jetzt nicht nur hierherstellen und in der Aktuellen Stunde sagen: Das habe ich ja gesagt. Denn wenn Sie heute, nach zwölf Jahren, sagen, das habe ich ja gesagt, dann sagen Sie implizit auch, ich habe nichts gemacht. Und genau das ist es, was Ihnen Herr Abgeordneter Mag. Peter vorgeworfen hat! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte Ihnen noch einen Beleg bringen. Ich habe mich sehr gewundert über den Herrn Bundesminister, von dem durchaus auch zu sagen ist, daß er etwa im Bereich der Elektrizitätsversorgung mit sehr innovativen und gescheiten Vorschlägen von europäischem Format hervorgetreten ist. Gestoppt wurde er von den Landeshauptleuten, von den Energieversorgern auf Landesebene und zahlreichen anderen Lobbies.

Der Herr Bundesminister hat hier gesagt: Wir haben eigene Öffnungszeiten für die Pendlergemeinden – diesbezüglich gibt es eine eigene Verordnung –, wir haben eigene Öffnungszeiten für die Tourismusgemeinden, und wir haben eigene Öffnungszeiten für die Ortskerne. Und dann behauptet der Herr Bundesminister, das sei liberal. Das ist nicht liberal! Das ist bürokratisch, und zwar im schlimmsten Maße bürokratisch. Muß eine Mutter mit zwei Kindern 16 Verordnungen kennen, um zu wissen, wann sie wo einkaufen kann? Das ist doch heute die Situation, Frau Abgeordnete! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nein, ich sage Ihnen noch einmal: Was diese Bundesregierung in Sachen Ladenöffnungszeiten oder Wirtschaftsorganisation macht, hat mit liberal nichts zu tun. Es handelt sich um eine Kammerorganisation, in die Sie die Leute zwangsverpflichten und in der Sie ihnen, bevor sie überhaupt zu arbeiten anfangen dürfen, das Geld abnehmen. Wenn die Leute nicht das tun, was Ihnen paßt, setzen Sie sie mit dem Geld, das Sie ihnen zuvor abgenommen haben, der gesetzlichen Verfolgung aus; sie werden mit Wettbewerbsklagen niederkonkurrenziert. Das geschieht nicht nur in der Nahversorgung, sondern auch etwa bei den Fahrschulen. Ich kenne einige Beispiele, über die in diesem Hause auch noch zu reden sein wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.


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