Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 29

9.51

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte ist in erster Linie eine Debatte über die Öffnungszeiten. Ich glaube, es ist notwendig, daß man sich einmal die Öffnungszeiten klar vor Augen führt. Es gibt die Möglichkeit, von Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 19.30 Uhr zu öffnen, die Bäckereibetriebe schon ab 5.30 Uhr, und außerdem jeden Samstag bis 17 Uhr. (Abg. Mag. Peter: Wir kennen die Öffnungszeiten! Was soll das?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die maximale Öffnungszeit beträgt 66 Stunden in der Woche. Außerdem gibt es auch noch die Sonderregelungen für Fremdenverkehrsgemeinden durch den Landeshauptmann. Jetzt frage ich mich eines: Ist denn das nicht genug, meine sehr geehrten Damen und Herren? Es ist bezeichnend, daß die Handelsketten sofort dagegen opponiert haben, als man das beschlossen hat. Es ist auch jedem Laien klar, daß ausgedehnte Öffnungszeiten auch Umsatzerweiterungen mit sich bringen müssen. Großbetriebe können mit Schicht- und vor allem auch mit Teilzeitarbeitszeitsplätzen agieren und tun dies auch ausreichend und meistens alles andere als human. Da bleibt der kleine Betrieb, der Familienbetrieb sicherlich auf der Strecke. Das hieße nämlich, wenn man da auch nur einigermaßen mithalten wollte, rund um die Uhr zu arbeiten. Denn die Vertreter der Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft finden ja das Einkaufsvergnügen um Mitternacht ganz besonders schick. Und das sind nicht selten genau jene, die selbst mit großer Selbstverständlichkeit jeden Tag um 16.15 Uhr ihren Betrieb verlassen, aber von den anderen erwarten, daß sie zu jeder Tages- und Nachtzeit da sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für mich inakzeptabel. Ich bin ein Wirtskind. Ich weiß, wovon ich rede. Wir haben in der Regel einen 16-Stunden-Tag, und ich weiß, was da auf der Strecke bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Haigermoser: Das bringt Ihnen aber auch Geld! Was aber ist mit den Mitarbeitern?) Nein, die Mitarbeiter bleiben nicht auf der Strecke, da kannst du sicher sein, lieber Kollege Haigermoser. Aber eines möchte ich schon sagen: Was da an Familiärem auf der Strecke bleibt, das ist gewaltig. Die Kinder hätten gerne die Mutter zu Hause, wie wir heute schon gehört haben, das ist aber nicht der Fall. Und jeder Abend ohne Mutter ist unwiederbringlich. Das möchte ich gleich einmal ganz deutlich herausstreichen.

Meine Damen und Herren! Wir sollten danach trachten, daß die Familien so häufig wie nur möglich zusammenbleiben können und daß Zustände wie die eben angesprochenen nicht die Norm werden. Ich kann einfach nicht verstehen, daß man immer wieder hört, daß diese Arbeitsmodelle doch so günstig und für den Arbeitnehmer so gut seien. Das stimmt doch überhaupt nicht. Es ist einfach nicht wahr. Wahr ist vielmehr, daß der, der zu den Zeiten nicht kommen will, die die Verkaufsketten als genehm empfinden, gleich zu Hause bleiben kann. Der hat nämlich keine Chance mehr.

Jetzt möchte ich Ihnen etwas ganz Interessantes mitteilen, meine Damen und Herren: In Amstetten wurde ein "Tag der Unternehmerin" veranstaltet. Es waren 400 Frauen anwesend, 400 Unternehmerinnen. Dort wurde unter anderem auch darüber abgestimmt, wie denn die Unternehmerinnen selbst zu dieser Frage stehen. Und das sind die, die das von drinnen beurteilen! Wissen Sie, wie die Abstimmung ausgegangen ist? – 399 zu 1 für die Nichterweiterung der Öffnungszeiten! Das ist ein Faktum. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Haigermoser.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch ganz kurz auf die Äußerung eingehen: Was ist denn mit dem Straßenbahner? Was ist denn mit dem Spitalsangestellten, was mit dem Polizisten? Ja sind denn das nicht schon genug, die keinen Sonntag haben? Als Christ möchte ich von diesem Pult aus sagen: Ich finde es einfach wichtig, daß der, der am Sonntag vormittag zur Messe gehen will, das auch tun kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat einen Vorschlag gemacht, der mir sehr gut gefallen hat: die Smart-Card. Ich glaube, das ist eine gute Sache. Die Citypolitik ist ebenfalls eine gute Sache. Wenn wir das alles voll ausnützen, dann erweisen wir dem Nahversorger einen viel, viel besseren Dienst, als wenn wir einen Persilschein ausstellten, den die Großmärkte ausnützen würden, um sich ungehemmt über jegliche Beschränkung von Öffnungszeiten


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