Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 202

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte.

22.15

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Zum Punkt 13 der Tagesordnung möchte ich kritisch feststellen, daß die Auswirkungen des Finanzausgleichsgesetzes nicht mit genauen Beträgen, die sich in den kommenden Jahren pro Jahr und Bundesland ergeben, dargestellt wurden. – Dies wäre aber für eine Beurteilung sinnvoll.

Ich möchte auch die Kritik wiederholen, daß auch dieses Gesetz rückwirkend laut Punkt 12 § 23 Abs. 3e in Kraft tritt. – Dies dient nicht gerade der Vertrauensbildung!

Meine hauptsächlichen Ausführungen gelten aber dem Stabilitätspakt. In diesem Zusammenhang ist die Mißachtung von Gesetz und Verfassung noch viel eklatanter hervorgetreten. So sehr eine Haushaltskoordination aus Gründen der Subsidiarität wünschenswert ist, so sehr ist zu kritisieren, daß diese Vorlage mehrere Verstöße gegen die Grundprinzipien des Verfassungsrechtes enthält. Professor Brünner und Professor Pernthaler sprechen von einer "galoppierenden Gesamtänderung" der Bundes-Verfassung.

Tatsächlich verstößt die Vorlage gegen das demokratische Prinzip durch die Delegation von Verfassungsrechtserzeugung an Vollzugsorgane und gegen das parlamentarische Prinzip durch die Einflußnahme von Vollzugsorganen. Sie verstößt gegen das gewaltentrennende Prinzip durch Schaffung gemischter Organe und gegen das bundesstaatliche Prinzip durch Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder. – Das heißt also, es finden sich quer durch Verfassungsverstöße.

Problematisch ist außerdem auch die Ermächtigung an Städte- und Gemeindebund, derartige Verträge abzuschließen, da diese nicht legitimiert sind, für alle Städte und Gemeinden aufzutreten. Auch Artikel 2 Abs. 1 Z. 3 ist als Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder äußerst problematisch, denn dadurch werden auch Änderungen der Landesverfassungen ohne das im Artikel 99 Abs. 2 B-VG geforderte Quorum möglich.

Nach der Judikatur zu Artikel 15a B-VG darf durch Gliedstaatsverträge nach Artikel 15a B-VG keine Änderung der Kompetenzen erfolgen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß die Zielsetzung, die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden zu koordinieren, grundsätzlich zu begrüßen ist. Es liegt aber nahe, in diesem Zusammenhang auch die zulässigen Defizitquoten und Sanktionslasten auf die Gebietskörperschaften aufzuteilen. Zu kritisieren ist die gesamte Konstruktion, die darin besteht, daß ein weiterer Schritt in Richtung Regierungsgesetzgebung gesetzt wird. Abzulehnen ist insbesondere, daß die Aufteilung der zulässigen Defizitquoten jederzeit ohne Einbindung der gesetzgebenden Körperschaften verändert werden kann. Da seinerzeit sowohl das zugrunde liegende Verfassungsgesetz als auch die Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus abgelehnt wurden, muß wohl auch dieser vorliegende Stabilitätspakt negativ beurteilt werden, und er wird daher von uns auch abgelehnt.

Der Herr Finanzminister ist jetzt nicht hier. Ich möchte abschließend aber noch festhalten – diesen Eindruck hatte ich nach der Debatte im Ausschuß, und ich werde diesen Eindruck auch nicht los –, daß der Finanzminister offenbar ohnehin nicht an den Vollzug dieses Gesetzes glaubt. Er wollte nämlich im Ausschuß die möglichen Verfassungsverstöße nicht kommentieren und meinte auf meine Frage, daß er unwesentliche Punkte gerne den Gemeinden zugestanden habe. Aber zur Problematik der Fixierung der 0,3 Prozent Haushaltsdefizit für Länder und Gemeinden, welche sehr wesentlich ist, hat er gemeint, daß das nicht so sei. – Ich meine, der Bundesfinanzminister spekuliert damit, daß dieses verfassungswidrige Gesetz gar nicht vollzo


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