Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 229

Wesentlich interessanter als die Novelle selbst ist das Drum und Dran, nämlich die Tagesordnung der Sitzung des Justizausschusses, die vor zwei Tagen stattgefunden hat, sowie das Aviso für die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung verglichen mit dem, was sich tatsächlich ereignet.

Ich darf kurz aus der Einladung zur Sitzung des Justizausschusses am Mittwoch vorlesen: Erster Tagesordnungspunkt ist der Antrag, über den wir jetzt beraten und abstimmen werden. Zweiter Punkt ist der Antrag der Abgeordneten Schmidt betreffend Änderungen des Mietrechtsgesetzes; dabei geht es um die nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Dritter Punkt ist ein Antrag hinsichtlich einer Novellierung des Urheberrechtsgesetzes, vierter Punkt ist ein Antrag betreffend die Verbesserung der Rechtsstellung von Opfern strafbarer Handlungen, fünfter Punkt ist ein Antrag betreffend wirksame Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und Kinderpornographie.

All das steht auf der Tagesordnung des Ausschusses und auch auf der Tagesordnung gemäß Aviso für die heutige Plenarsitzung zu finden. Im Ausschuß ist jedoch alles untergegangen! Es ist lediglich zur Beschlußfassung über die Vorlage, über die wir jetzt beraten, gekommen. Die anderen Punkte sind dadurch geschoben worden, daß man sie vertagt hat. Man hat die Anträge, die zur Entscheidung anstanden, niedergestimmt, indem man den Vertagungsanträgen zugestimmt hat. Man hat den Anträgen, Unterausschüsse einzusetzen, keinen Erfolg zukommen lassen, weil man den Vertagungsanträgen zugestimmt hat. Und ich entnehme es den Tagesordnungen für andere Ausschüsse und auch der heutigen Tagesordnung, daß diese Vorgangsweise in verschiedenen Bereichen, die hier im Hause zur Behandlung stehen, zur Mode zu werden droht.

Meine Damen und Herren! So kann das nicht weitergehen! Dazu können wir uns nicht finden! Man wird da oder dort wirklich ernsthaft einer Vertagung zustimmen können. Es wird angezeigt sein, das zu tun. Aber man kann nicht unangenehme Anträge, die von der einen oder anderen Oppositionspartei stammen, einfach nicht endbehandeln, indem man weder dafür noch dagegen stimmt, damit sie nicht den Weg ins Plenum finden, wo über sie in aller Öffentlichkeit diskutiert und dann auch abgestimmt werden kann. Und es geht auch nicht an, daß man keine Unterausschüsse einsetzt, selbst wenn sie beantragt sind, sondern einfach sagt: Das müssen wir uns noch überlegen, das vertagen wir. Denn damit ist das auf Monate, wahrscheinlich für diese Legislaturperiode überhaupt, vom Tisch, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mir persönlich ist es nicht so wichtig wie anderen, daß über die Probleme, die im Zusammenhang mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften bestehen können, beraten wird. Aber ich kann mir vorstellen, daß die Antragsteller sehr wohl ein lebhaftes Interesse daran haben, daß diesen ihren Anträgen nicht ein Begräbnis dritter Klasse zuteil wird, wie es vorgestern im Justizausschuß geschehen ist. Denn da hat man einfach vertagt!

Es gibt die Problematik betreffend die Novelle zum Urheberrechtsgesetz. Da waren sich eigentlich alle darin einig, daß etwas geschehen müßte. Trotzdem ist nichts geschehen. Offenbar kam der Antrag von der falschen Seite – auch von einer Oppositionspartei. Man hat einfach vertagt. Alle haben in ihren Redebeiträgen erklärt, daß man dazu eigentlich schlicht und einfach ja sagen müßte, aber man hat sich dazu nicht aufraffen können.

Weiters gab es einen Antrag betreffend die Novellierung der Strafprozeßordnung in dem Sinne, daß man endlich etwas für die Opfer strafbarer Handlungen in Österreich tut. Da hat man darauf verwiesen, daß jetzt die große Strafprozeßnovelle komme und man ohnehin das eine oder andere vorhabe, dann könne man alles in einem Aufwaschen machen. – Dabei ist jedem klar, daß die Strafprozeßnovelle ein großes und schwieriges Vorhaben ist, bei dem sich vor allem das Innenressort und das Justizressort in die Haare geraten. An dieser großen Strafprozeßnovelle haben schon Generationen von Justizministern gearbeitet, sie ist aber noch nie in vollem Umfang in das Parlament gekommen.

Wenn man in Anbetracht dessen nicht einen Vorschuß auf Problemkreise nimmt, die keinen Aufschub dulden, wie etwa betreffend die Besserstellung der Position von Opfern von strafbaren


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