Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 84

Hohes Haus! Ich möchte mich als letzter Redner zu diesem Kapitel in den paar verbleibenden Minuten, die ich noch habe, ein bißchen damit auseinandersetzen, was einige Herren, vor allem Kollege Kräuter, hier von sich gegeben haben. Er hat von einer Regierungsvorlage gesprochen, die Ausgewogenheit zum Inhalt habe. Herr Kollege Kräuter, normalerweise möchte ich Sie nicht aufwerten, aber in diesem Fall möchte ich Ihnen durch meinen Widerspruch eine kleine Aufwertung zuerkennen, denn ich frage mich wirklich: Wo ist eine Ausgewogenheit in dieser Regierungsvorlage zu erkennen? Meinen Sie vielleicht, daß man im Rahmen der Anpassung in diesem Gesetz schärfere Jugendschutzmaßnahmen ergreift, daß man vielleicht die Werbezeiten ausdehnt, gegen die wir Freiheitlichen in Wirklichkeit nicht besonders viel haben, vorausgesetzt, es werden Begleitmaßnahmen beschlossen, die dem Privaten, der privaten Wirtschaft in unserem Staat entsprechend Rechnung tragen, was in dieser Vorlage überhaupt nicht der Fall ist?

Man findet die Begehren, die Anliegen, die Kritiken und die Meinungen der privaten Betreiber in diesem Gesetz überhaupt nicht berücksichtigt – die wischt man locker vom Tisch, weil es ja darum geht, das ORF-Prestige auszuweiten, sozusagen auch die Monopolstellung zu manifestieren, Herr Kollege Kräuter.

Da möchte ich auch gleich zu den Ausführungen des Kollegen Kukacka kommen, der sagt, dieses Gesetz sei europareif, wir hätten mit diesem Gesetz einen Schritt in Richtung mehr Europareife gemacht. Herr Kollege Kukacka, kennen Sie den Artikel 86 des EG-Vertrages? Kennen Sie die marktbeherrschende Stellung, die ein Monopolunternehmen einnimmt? Kennen Sie den Grundgedanken der EU? Kennen Sie die Dienstleistungsfreiheit? Kennen Sie, wenn Sie wollen, die Verfassung der EU? Herr Kollege Kukacka, in einer Zeit, in der sich die Regierungsparteien in Österreich unermüdlich rühmen, den EU-Vorsitz innezuhaben, wäre wohl mehr Sensibilität hinsichtlich EU-Recht angebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kräuter! Wenn ich vorhin von den vielen Privaten gesprochen habe, dann habe ich jene in etwa 50 gemeint, die sich seit 1993 nach dem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes dazu entschlossen haben, ein Unternehmen in diesem Land zu gründen – unter schwierigsten wettbewerbsmäßigen Rahmenbedingungen! Von diesen rund 50, die seit 1993 tätig sind, findet eigentlich keiner das wirtschaftliche Auskommen, und das aus nur einem einzigen Grund: weil Sie – die regierenden Parteien – es darauf anlegen, permanent den Rechtsstatus des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens auszubauen, um die Macht, die Sie dadurch haben, entsprechend ausleben zu können. Herr Kollege Kräuter, das ist der wahre Grund, und das ist auch der Grund dafür, warum Privat hinter Staat gereiht wird.

Herr Kollege Kräuter, gerade weil ich Sie von der linken Reichshälfte anspreche: Vielleicht orientieren Sie sich einmal ein bißchen an Ihrem sozialistischen Fraktionskollegen, dem Regierungsvorsitzenden Jospin in Frankreich. Dieser hat gerade jetzt der Öffentlichkeit eine Kommunikationsgesetznovelle vorgestellt, die genau den umgekehrten Trend von Österreich widerspiegelt. Der umgekehrte Trend heißt in Frankreich: stärker in Richtung öffentlicher Auftrag, weniger Werbesendezeiten, Reduktion der Werbesendezeiten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehbereich. (Abg. Schieder: Der macht das ja nicht im terrestrischen Bereich! Der macht es ja auf dem Satelliten! Das stimmt ja nicht, was Sie da sagen!) – Herr Kollege Schieder, ich weiß, das tut Ihnen weh, weil es Ihre Domäne ist. Herr Kollege Schieder, es tut Ihnen so weh, weil es Ihre Domäne ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur, glauben Sie mir, Herr Kollege Schieder, diese Domäne wird nicht mehr lange die Ihre sein! Glauben Sie es mir! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Schieder.) Der Wettbewerb wird auch in diesem Bereich seinen Einzug halten. Nach diesem sehnen sich auch die ORF-Mitarbeiter. Wirklich, glauben Sie es mir! (Abg. Schieder: Ich glaube Ihnen, daß Sie nicht wissen, was in Frankreich beschlossen wird!) Ich habe seit fast zehn Jahren mit den Mitarbeitern des ORF intensiven Kontakt und kann Ihnen nur sagen, diese sehnen sich nach Wettbewerb, Liberalisierung und Privatisierung, nach all dem, was für Sie ein Fremdwort ist, weil es mit Ihrer politischen Doktrin einfach nicht vereinbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Ich sehne mich danach, daß Sie richtig zitieren, Frankreich richtig zitieren!)


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