Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 119

Vorsitz im März nächsten Jahres. Dazu möchte ich sagen: Sollte diese angesichts des großen Vorhabens der Agenda 2000 nicht vollständig möglich sein, dann wird es wahrscheinlich keine Katastrophe sein, sondern sie wird auch später noch fertigstellbar sein. Aber eines ist klar, meine Damen und Herren: Wer Klubobmann Dr. Haider zugehört hat, der weiß, daß das Ergebnis, unabhängig davon, wie es im März oder zu späteren Daten ausfallen wird, heftig kritisiert werden wird.

Klubobmann Dr. Haider tut so, als hätte er Mitleid mit dem deutschen Vorsitz. (Abg. Dr. Petrovic verteilt Kopien eines Schriftstückes.) Ich habe gelesen, daß der neue deutsche Bundeskanzler Schröder gemeint hat ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schwarzböck, einen Moment bitte! – Wir haben eine Vereinbarung betreffend das Verteilen von Drucksorten getroffen. Ich meine, daß wir uns alle daran halten sollten. (Abg. Dr. Petrovic hört mit der Verteilung auf.) – Bitte, Herr Abgeordneter Schwarzböck.

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (fortsetzend): Ich haben in den letzten Tagen gelesen, daß der neue deutsche Bundeskanzler Schröder gemeint hat, es sei einiges an Arbeit für den deutschen Vorsitz geblieben. Man darf nicht vergessen, daß der deutsche Bundeskanzler vor sieben oder acht Wochen noch Ministerpräsident von Niedersachsen war. Ich meine, daß in jeder Funktion, vor allem nach einem Bundeskanzler Kohl, ein gewisser Erfahrungsprozeß dazugehört, um überhaupt erahnen zu können, was mit dem EU-Vorsitz, vor allem mit der Verantwortung, europäischer Motor im Erbe sein zu müssen, in Verbindung steht. Aber ich bin mir sicher: Sollte Herr Dr. Haider jemals in eine ähnliche Regierungsverantwortung auf Länder- oder nationaler Ebene kommen, würde er wahrscheinlich länger brauchen, um mit diesen Dingen fertig zu werden, als Bundeskanzler Schröder.

Die Widersprüchlichkeit ist quer durch die Argumentation spürbar gewesen. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch die Kritik der Opposition, vor allem durch jene der Freiheitlichen, und zwar seit den Vorbereitungen für unseren EU-Beitritt. So ist beklagt oder sogar heftig kritisiert worden, Österreich würde in der Europäischen Union in der Bedeutungslosigkeit versinken. Jetzt beklagt man die fehlende Dominanz Österreichs in der EU-Ratspräsidentschaft. Natürlich kann ein demokratisches Gebilde von fünfzehn Mitgliedsländern nicht so funktionieren, daß der jeweilige Vorsitzende Dominanz ausüben kann – weder im großen Rat noch in den kleinen Bereichen, in welchen unsere Beamten bis in die kleinsten Expertengruppen ein halbes Jahr lang die Präsidentschaft in großartiger Weise geführt haben.

Ich glaube, daß wir mit Fug und Recht sagen können: Das Ergebnis der österreichischen EU-Präsidentschaft liegt wahrscheinlich in einer guten alten österreichischen Lebensart: irgendwo in der Mitte. Und das ist für das, was ein junges EU-Mitgliedsland von der Größe Österreichs in die EU einbringen konnte, ein hervorragendes und ausgezeichnetes Ergebnis. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Agenda 2000 ist nun einmal in der Grundkonzeption ein Reformwerk von beachtlichem Umfang. Wenn wir nun gemeinsam versuchen, bei dem bisherigen Verteilungsschlüssel der gemeinsam eingebrachten Steuermittel zur Finanzierung der EU-Politik einen Wandel herbeizuführen – im Grunde genommen wurden nach dem bisherigen Verteilungsmechanismus ja riesige Erfolge erbracht, und Länder, die von den Kohäsionsmitteln groß profitiert haben, sind Mitglied der ersten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion geworden –, dann ist nicht zu erwarten, daß Premierminister Tony Blair freudig zustimmen wird, wenn der englische Rabatt diskutiert wird. Da sind natürlich auch aus innenpolitischen Gründen in einer derart schwierigen Frage politisch verkraftbare Verhandlungsmechanismen und Abstimmungsmechanismen im europäischen Prozeß notwendig.

Ich möchte aber auch darauf verweisen, daß sich die Ausgangslage, mit der die Agenda 2000 in der Kommission konzipiert wurde, wesentlich verändert hat. Die Rußlandkrise und die Asienkrise haben die Welt im ökonomischen Bereich auch hinsichtlich der Bewertung der dynamischen Weiterentwicklungsmöglichkeiten verändert. Wenn unser Vizekanzler berichten konnte,


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