Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 48

Wirtschaft, bedauerlicherweise auch von seiten der Freiheitlichen und der ÖVP, schuldig geblieben ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

10.20

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, zunächst eine Frage an Herrn Dr. Haider zu richten, der leider nicht mehr im Saal ist (Abg. Mag. Stadler: Sie können sie schriftlich abgeben!), daher stelle ich sie an die Freiheitliche Partei: Soll die Frau tatsächlich frei entscheiden können? – Ich habe das anders in Erinnerung, zumindest steht es in einem Buch von Dr. Haider anders. (Abg. Mag. Stadler: Seit wann liest sie Bücher?)

Nun komme ich zu Ihnen, Frau Kollegin Bauer: Uns Liberalen geht es heute nicht um Wahlkampftaktik hier im Hohen Haus. Den Wahlkampf haben Sie heute hier praktiziert, indem Sie Ihren Koalitionspartner öffentlich gemaßregelt haben. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP: Gibt es keine andere Möglichkeit mehr, sich mit dem Koalitionspartner auseinanderzusetzen?

Meine Damen und Herren! Zur Sachpolitik: Als Familienpolitikerin sehe ich immer klarer, wie sehr die traditionellen Rollen und die Aufgabenverteilung von Versorgungsarbeit und Erwerbsarbeit für die Hälfte der österreichischen Bevölkerung, nämlich die Frauen, zu einer strukturellen sozialen Benachteiligung führen. Ich verstehe nicht, warum die ÖVP immer nur von Müttern redet und nie die Männer in Zugzwang bringt. Frau Rauch-Kallat! Das, was Sie heute diesbezüglich wieder von sich gegeben haben, spricht einfach für Ihre Tradition, für Ihr Rollenbild, das nicht mehr in unsere heutige Zeit paßt. Das sei Ihnen auch einmal öffentlich gesagt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

In dieser sehr komplexen und vielschichtigen Problematik ist die einseitige Zuteilung der Familienarbeit an die Frauen einer der wesentlichsten Knackpunkte. Nach meinem liberalen Verständnis kann und darf aber nicht mit Zwang oder rigider Reglementierung ein ausgewogeneres Verhältnis, das wir unbedingt brauchen, herbeigeführt werden, sondern wir brauchen dazu eine breite Diskussion, um ein entsprechendes Bewußtsein zu schaffen. Wir müssen uns über alle Parteigrenzen hinweg starke Anreize und geeignete Rahmenbedingungen überlegen, damit eine verstärkte Beteiligung der Väter an der Familienarbeit möglich wird. Ein Ziel sollte daher sein, daß es zur Selbstverständlichkeit wird, daß auch Väter in Karenz gehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Bisher sind wir aber weit davon entfernt, und ich konstatiere, daß beide Regierungsparteien sich bezüglich Karenz in eine reine Ankündigungspolitik begeben haben. Denn bisher gibt es sowohl von seiten der ÖVP als auch von seiten der SPÖ keinerlei wie immer geartete Anträge hier im Hohen Haus, die zumindest auf einen gemeinsamen Nenner hoffen ließen. Ich vermisse auch in der derzeit geführten Debatte über die Karenzzeit, daß zumindest die Möglichkeit geschaffen wird, das Bewußtsein dafür zu stärken, daß auch Männer für eine Karenzzeit in Frage kommen. Wir Liberalen haben einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, der hier im Hohen Haus liegt, und wir hoffen, daß wenigstens über ihn beraten wird.

Zur Forderung des Frauen-Volksbegehrens "zwei Jahre Karenzzeit für Alleinerzieherinnen" möchte ich anmerken, daß dies schon längst hätte umgesetzt werden können, denn von Versprechen von seiten der Sozialdemokraten, wie sie auch heute wieder gegeben wurden, haben die betroffenen Frauen nichts. Wir wissen, daß gerade die Alleinerzieherinnen mehr in die Schere der Armut geraten. Eine neueste Studie der Caritas besagt, daß zwei Drittel jener Menschen, die von Armut betroffen sind und um Unterstützung bitten, Frauen sind, und davon wieder ein Drittel Alleinerzieherinnen. – Meine Damen und Herren der ÖVP! Zumindest das, was die Caritas erhoben hat, sollte doch auch für Sie Gültigkeit haben.


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