Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 105

der dadurch entstanden ist, daß das Ende November beschlossen wurde, nicht wirklich genützt wurde.

Es hat ja von Anfang an berechtigte Zweifel daran gegeben, ob die brasilianische Regierung imstande sein werde, die vereinbarten Maßnahmen auch im brasilianischen Parlament durchzusetzen. Einen zusätzlichen Dämpfer gab es ja dadurch, daß einer der Bundesstaaten Brasiliens ein einseitiges Rückzahlungsmoratorium seiner Schulden an die brasilianische Regierung ausgesprochen hat, was ja nichts anderes bedeutet, als daß die brasilianische Regierung – ohne daß vereinbarte Maßnahmen beschlossen worden wären – durch einzelne Gebietskörperschaften zusätzlich unter Druck gekommen ist. Daß an einer fundamentalen Änderung der brasilianischen Wirtschaftspolitik kein Weg vorbei führt, ist ganz offensichtlich.

Die klare Bindung des brasilianischen Real an den Dollar hatte ganz offensichtlich Konsequenzen: Die brasilianischen Exporte haben sich verteuert, die Importe sind extrem billig gewesen. Es ist sehr viel konsumiert worden, und es ist zu einem Zahlungsbilanzdefizit gigantischen Ausmaßes gekommen, was die brasilianische Wirtschaft völlig einseitig davon abhängig gemacht hat, daß ausländisches Geld nach Brasilien fließt. Da haben sich manche sehr gut eingekauft, und zwar mit Realzinsniveaus um die 25 Prozent. Das ist eine ordentliche Rendite, die sozusagen die Geldbringer an Brasilien über einen gewissen Zeitraum realisiert haben. Daß jedoch diese Politik nicht fortsetzbar ist, ist völlig klar. Es stellt sich nur die Frage, ob unter den geänderten Bedingungen in Brasilien die Politik nun soweit ist, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Ich bin der Meinung, daß Handeln unbedingt erforderlich ist. Es kann doch nicht angehen, daß die Welt zusieht, wie eine der größten Volkswirtschaften der Erde den Bach hinunterrinnt. Handeln ist also unbedingt notwendig! Wenn aber bis dato Brasilien die Bedingungen des Internationalen Währungsfonds nicht erfüllt, ja einzelne sogar mißachtet hat, ist es natürlich auch angesagt, daß die "terms of reference" zwischen dem Währungsfonds und Brasilien unter den neuen Bedingungen auch neu verhandelt werden. Dazu gibt es ja nun die Gelegenheit.

Das gesamte Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds für Brasilien umfaßt rund 41 Milliarden Dollar. 9 Milliarden Dollar sind bisher in Anspruch genommen worden, jedoch kein einziger Dollar für jene bilateralen Maßnahmen, wozu wir seitens Österreich heute einen Teil dazu beschließen sollten.

Ich meine, daß jetzt die Situation gekommen ist, daß der Internationale Währungsfonds mit Brasilien erneut verhandelt, um zu einem anderen Paket zu kommen, zu einem Paket, das eine bessere Erfolgsquote verspricht als das vorige.

Darüber hinausgehend sollten aber aus der gesamten Geschichte dieser Finanz- und Wirtschaftskrisen auch einige fundamentale Schlüsse gezogen werden, und zwar hinsichtlich der Art und Weise, wie da operiert wird. Es ist meiner Ansicht nach ganz offensichtlich, daß die völlige Kapitalverkehrsliberalisierung ohne irgendwelche Bedingungen für viele Teile der Erde nicht den richtigen Weg darstellt und in Wirklichkeit mehr Schaden als Nutzen für einzelne Volkswirtschaften zur Folge hat.

Weiters bin ich der Auffassung, daß die Politik des Währungsfonds, so sie alleine auf den Interessen des Managements des Währungsfonds und des amerikanischen Finanzministeriums basiert, nicht zu Schlußfolgerungen führen kann, die für die gesamte Weltwirtschaft vernünftig sind.

In diesem Zusammenhang habe ich mit Interesse die Diskussion, die zwischen den asiatischen und europäischen Finanzministern letztes Wochenende in Frankfurt geführt wurde, zur Kenntnis genommen, wo offensichtlich ein politischer Anstoß gegeben wurde, zu einer stärkeren Balance der Akteure in der Weltwirtschaft zu kommen.

Drittens ist meiner Auffassung nach die geradezu endlose Reihe von Vorschlägen, die es inzwischen gibt, wie man private Investoren letztendlich auch an der Krisenbewältigung beteiligen kann, zu prüfen. Und es sollte zu erwarten sein, daß bei künftigen Tagungen der Weltbank


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite