Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 192

Landwirtschaft kann sich nicht auf Dauer von Subventionen finanzieren." – Das sagt Ihr eigener Parteikollege, Herr Bundesminister, Sie aber machen eine Politik, mit der Sie die Bauern auf Dauer in Abhängigkeit halten wollen. Genau diese Politik betreiben Sie! Mit der Agenda 2000 führen Sie die Bauern endgültig in die Sackgasse, Herr Bundesminister, und Sie wissen das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kehren Sie endlich um! Dieser Weg führt in den Ruin des österreichischen Bauernstandes! Sie sind als Bundesminister den österreichischen Bauern verpflichtet und nicht irgendwelchen internationalen Konzernen und den Lobbyisten in Brüssel! Eine Zigarette kostet bereits mehr als ein Kilo Weizen. Ein Kaugummi kostet mehr als ein Kilo Weizen. Herr Bundesminister! Das sind die Folgen Ihrer Politik. Das ist doch eine Katastrophe! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bürokratie hat Ausmaße angenommen wie in Ländern, in denen die Planwirtschaft auf der Tagesordnung ist. Herr Bundesminister! Sie haben die Bauern zu Knechten degradiert, zu Knechten der Bürokraten in Österreich, in Brüssel und in Straßburg! Während die Einkommen der Bauern dramatisch sinken und Zehntausende Arbeitsplätze in der Landwirtschaft vernichtet werden, explodieren die Verwaltungskosten. Laut einer IHS-Studie vom September 1998 betrugen die Gesamtkosten des Agrarsystems, also die Kosten des Landwirtschaftsministeriums, der EU-Verwaltungsaufwand, die Verwaltung der Fördermittel, die Kontrollkosten et cetera, im Jahr 1996 für einen selbständigen Landwirt sage und schreibe 280 000 S! Herr Bundesminister! 280 000 S Verwaltungskosten pro selbständigem Landwirt ist so viel, wie zwei selbständige Landwirte in einem Jahr schwerer Arbeit verdienen. (Abg. Wenitsch: Das ist unglaublich!) Das ist wirklich unbeschreiblich! Und das ist Ihre Politik, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1994, also vor dem EU-Beitritt, betrugen die Verwaltungskosten mit 148 000 S um 90 Prozent weniger! Herr Bundesminister! Ich zitiere nicht aus einer freiheitlichen Studie, sondern ich zitiere aus der IHS-Studie vom September 1998. Diese Studie hat all unsere Argumente gegen die EU-Landwirtschaftspolitik bestätigt. Schwarz auf weiß steht hier: Vor allem durch die Fördervielfalt der EU-Politik ist der Beratungsbedarf um 100 Prozent gestiegen.

Der Arbeitsplatzeffekt dieser Politik, Herr Bundesminister, ist hingegen gleich null, nein, er geht sogar ins Minus: minus 10 000 Arbeitsplätze pro Jahr! Und der Einkommenseffekt, Herr Bundesminister, schlägt sich auch Jahr für Jahr in einem Minus nieder. Sie, Herr Bundesminister, sind zum Minusmann für den österreichischen Bauernstand geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Das ist Ihre eigene Studie! Wahrscheinlich kennen Sie sie gar nicht, Herr Kollege.

Dieses System schreit wirklich nach einer Umstellung, aber Sie, Herr Bundesminister, stellen sich taub. Sie reden von der multinationalen flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft und betreiben das Gegenteil. (Bundesminister Mag. Molterer: Sie meinen wohl "multifunktional"!) – Multifunktional. Entschuldigung! – Sie haben nur mehr Schlagworte für die Bauern übrig! Sie haben auch noch die Stirn, Herr Bundesminister, daß Sie den Bauern empfehlen, daß sie sich ein zweites und ein drittes Standbein suchen sollten. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.) Ganz nebenbei, Herr Bundesminister: Mit dieser Forderung stellen Sie sich selbst ein schlechtes Zeugnis aus. Denn einen solchen Vorschlag hat noch kein einziger Bundesminister gemacht. Was würden denn zum Beispiel die Lehrer sagen, wenn Bundesministerin Gehrer sagen würde: "Wenn ihr von eurem Gehalt nicht leben könnt, dann geht doch in die Fabrik oder werdet Verkäufer!"? (Abg. Eder: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Es ist wirklich ungeheuerlich, was Sie den Bauern und den Bäuerinnen zumuten. Denn auch der Nebenerwerb am Hof, Herr Bundesminister, bedeutet unendlich viel an Mehrarbeit, vor allem für die Bäuerinnen. Es gibt viele Bäuerinnen, die neben Kinderbetreuung, Altenpflege und Stallarbeit keine freie Minute mehr haben. Diese Frauen sind fix und fertig. Die Bäuerinnen weisen den schlechtesten Gesundheitszustand aller Berufsgruppen auf. Und Sie haben die Stirn und lassen ihnen übers Fernsehen ausrichten, daß sie noch mehr arbeiten sollen, um ein


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite