Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 39

übrigen eine internationale Menschenrechtskonvention, die ganz genau vorschreibt und vorsieht, was da zu tun ist und wie zu handeln ist. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?

Es kommt noch erschwerend das Problem beziehungsweise die Sachlage hinzu, daß die Türkei NATO-Mitgliedsland ist. Das ist nämlich der Unterschied zwischen Serbien und der Türkei, nämlich daß wir es in dem einen Fall mit einem NATO-Mitgliedsland zu tun haben. Die Vereinigten Staaten haben immenses Interesse an der geopolitischen Lage dieses Landes, weil sie von dort aus – genauer gesagt von den Stationierungsorten, die es dort gibt – einen freien Blick nach Asien haben, hinein in den Nahen Osten, und weil sie dadurch entsprechend agieren können. Daher legen sie kein Veto ein, wenn es um die Überfälle in den Nordirak geht. Wie also wollen Sie da agieren, und wie wollen Sie reagieren?

Eine Möglichkeit – diese ist heute noch nicht genannt worden, und ich halte sie für eine kluge Möglichkeit – besteht darin, in Österreich mit Friedensgesprächen zu beginnen, um zu deeskalieren. Es böte sich die Möglichkeit von Friedensgesprächen mit türkischen und kurdischen Vertretern in Österreich, in den Städten die Bürgermeister aufzufordern, runde Tische einzurichten, indem sie Vertreter der jeweiligen Gruppierungen einladen, um mit Parteienvertretern zu überlegen, wie Situationen in Städten deeskaliert werden können, damit es nicht zu solchen Anschlägen wie gestern in Graz kommt.

Herr Kollege Kiss, wir haben gestern in Graz die Staatspolizei angerufen. Es hat mich interessiert, wie der Stand der Erhebungen ist. Ich habe folgende Auskunft von der Staatspolizei bekommen: Sie haben keine Ahnung, von wem der Anschlag verübt worden ist. (Abg. Kiss: Also bitte, der Minister hat etwas völlig anderes gesagt!) Sie haben vier Verdächtige festgenommen. Sie geben zu, daß es Verdächtige sind, daß es keinen Beweis und keine Grundlage dafür gibt, zu sagen, daß das ein Anschlag von Kurden auf ein türkisches Zentrum war (Abg. Kiss: Ich beziehe mich auf die Erklärung des Herrn Bundesministers, nichts anderes!) – abgesehen davon, daß es kein türkisches Zentrum, sondern ein islamisches Gebetszentrum ist –, daß es nur Mutmaßungen und Vorverurteilungen gibt, die zu genau jener Situation führen, die wir nicht wollen. (Abg. Kiss: Ich habe mich auf die Erklärung des Bundesministers bezogen, nichts anderes! Er hat es hier verlesen!)

Es führt zu einer Eskalierung der Situation, wenn Sie hier am Rednerpult so reden, Emotionen schüren und Stimmungen erzeugen, und dann gleichzeitig versuchen, mit Engelszungen zu reden.

Herr Kollege Kiss! Wenn Sie (in Richtung des Abg. Wabl) sagen ... – Wollen Sie mir zuhören? (Abg. Kiss: Ich rede mit dem Andreas, Ihrem Parteigenossen!) Wenn Sie sagen, daß Österreich nicht der Boden werden soll, der einen Freibrief für Terroristen hergibt: Warum verweigern Sie dann einen Untersuchungsausschuß über die Kurdenmorde? Was war denn im Jahre 1989 der Unterschied? Was gab es denn da für einen Freibrief für Terroristen? (Abg. Wabl: Staatsterrorismus war das!)

Noch viel schlimmer: Offizielle österreichische Behörden haben die Terroristen zum Flughafen begleitet und ihnen wahrscheinlich auch noch alles Gute für den Flug zurück nach Hause gewünscht! (Abg. Wabl: ... daß es Morde an kurdischen Bürgern gegeben hat! Oder war das eine militärische Aktion?)

Wenn Sie das ernst nehmen, was Sie hier an diesem Rednerpult gesagt haben, dann müßten Sie noch heute einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, den wir gerne einbringen können, zustimmen! (Abg. Wabl: Dann werden wir sehen, ob er zustimmt, ob er gegen Staatsterrorismus ist!) Denn nur dann können Sie darin ernst genommen werden, daß hier kein Freibrief für Terroristen herrscht. Das ist genau das, was ich Ihnen auch vorige Woche gesagt habe. Aber solange Sie immer mit gespaltener Zunge reden und sich nicht entscheiden können, wen und was Sie eigentlich meinen, werden Sie immer unglaubwürdig sein, auch dann, wenn Sie davon reden, daß wir einen Dialog brauchen und daß wir das Gespräch brauchen, um zu einer Lösung zu kommen.


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