Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 193

ster, so erklärt. Die Rechtsanwaltskammer – also jene Vereinigung der Rechtsanwälte, die für die Interessen der Rechtsanwälte einzutreten hat – hat sich ausdrücklich für diese Regelung ausgesprochen. – Danke.

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Fekter zu einer tatsächlichen Berichtigung. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. Es geht zunächst um den zu berichtigenden und sodann um den tatsächlichen Sachverhalt. – Bitte.

22.12

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Graf hat behauptet, die ÖVP hätte einen Sinneswandel zur Entkriminalisierung in Richtung Straffreiheit des § 209 durchgemacht. Das ist falsch! – Wahr ist, daß die diversionellen Maßnahmen, denen die ÖVP zustimmt, keine Entkriminalisierung darstellen. Der § 209 bleibt, wie er ist.

Kollege Graf hat ferner behauptet, daß Herr Bundesminister Michalek dem Vertretungsrecht der Wirtschaftsprüfer vor Gerichten zugestimmt hätte. Auch das ist falsch! – Der Herr Bundesminister – er hat es auch selbst erwähnt – war immer dagegen. Noch kurz vor der Beschlußfassung in diesem Haus hat er das unserer Fraktion gegenüber artikuliert. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Aber Sie waren dafür! Si tacuisses! – Abg. Dr. Graf: Sie waren dafür!)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Abgeordneter Anna Huber. – Bitte.

22.13

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stelle fest: Die Kollegen von der FPÖ haben ein außerordentlich selektives Wahrnehmungsvermögen, sowohl was das Lesen der Gesetzesvorlage anbelangt, als auch, was ihre Interpretation betrifft, aber auch dann, wenn es um die Aussagen der Experten im Ausschuß geht.

Es wird ja in Wahrheit mit diesem Diversionspaket nur das nachvollzogen, was bereits 14 Jahre lang im Jugendbereich äußerst erfolgreich angewendet wird und was im Modellversuch auch für Erwachsene bereits in vielen Fällen schon außerordentlich erfolgreich in Österreich angewendet wurde.

Es ist ganz klar – und das ist ja auch von nahezu allen Rednern angesprochen worden –, daß das für die Stellung des Opfers einen beträchtlichen Vorteil gegenüber dem jetzigen Rechtszustand bringt. Die wichtigste Frage – zumindest war sie es für mich – bei dieser neuen Maßnahme lautet nämlich: Wie sieht es mit der Rückfallshäufigkeit aus? Werden die Täter, die nicht der Gerichtsbarkeit und damit der klassischen Strafverfolgung übergeben werden, wieder rückfällig? Und die zweite noch wesentlichere Frage ist: Wie beurteilen denn die Opfer eine derartige Intervention? Wie zufrieden sind sie mit dem Ergebnis dieses außergerichtlichen Tatausgleichs?

Wenn man sich die Statistik ansieht, dann sieht man, daß sie eine überaus deutliche Sprache spricht. Es wird nämlich im Fall der außergerichtlichen Einigung – im Verhältnis zur gerichtlichen Verurteilung – nur die Hälfte der Täter wieder rückfällig! Und das ist ja auch verständlich, wenn man sich das psychologisch überlegt: Es ist eben die Wirkung eine ganz andere, wenn der Täter sich mit dem Opfer auseinandersetzen muß, wenn ihm damit auch verdeutlicht und vor Augen geführt wird, welchen Schock oder welches Leid diese Tat dem Opfer verursacht hat.

Es ist dadurch – das bestätigen alle, die damit befaßt sind – natürlich die Bereitschaft der Wiedergutmachung eines erlittenen materiellen oder immateriellen Schadens ungleich höher als dann, wenn der Täter bei Gericht eine Strafe ausfaßt und sich damit eigentlich schon genug gestraft fühlt.


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