Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 151

das massivste Auswirkungen auf die österreichische Landwirtschaft und auf die österreichischen Bauern, nämlich forciertes Bauernsterben, massive Einkommensverluste und so weiter.

Da diese beiden Einschätzungen so weit auseinanderliegen, hat man fast den Eindruck, es wird nicht auf Basis desselben Ergebnisses diskutiert und argumentiert, sondern es wird eher auf Basis einer politischen Wunschvorstellung argumentiert: Den einen wäre es recht, einen Verhandlungserfolg zu verkaufen, den anderen wäre es recht darzustellen, daß der Minister in Wirklichkeit die Bauern verraten hat. – Und in jedem Fall steht letztendlich eine politische Zielsetzung dahinter und nicht eine Bewertung dessen, was tatsächlich vorliegt. Denn in Wirklichkeit kann man die Agenda 2000 im Agrarbereich nach verschiedensten Kriterien einschätzen.

Kriterium Nummer eins: Wenn man fragt, was das für die österreichischen Bauern bedeutet, muß man auch fragen, ob die Reform so gravierend ist, wie sie dargestellt wurde. Mehrere Redner haben ausgeführt, die Reform sei nicht gravierend, manche haben sogar gemeint, das sei überhaupt keine Reform. – Ich würde also sagen, man kann in verschiedenen Bereichen Reformen feststellen, aber in großen Bereichen ist die Agenda 2000 die Fortsetzung dessen, was bereits bisher in der EU-Agrarpolitik vorhanden war.

Wenn man das Ganze jetzt von der Seite her einschätzt, was das kostet, kann man feststellen, daß der Kompromiß, den die Agrarminister geschlossen haben, um 7 Milliarden Euro mehr als das Ziel der realen Ausgabenstabilisierung und auch mehr als der ursprüngliche Kommissionsvorschlag kostet.

Jetzt stellt sich mir die Frage: Was bedeuten diese 7 Milliarden Euro mehr? Bedeuten sie, daß die österreichischen Bauern jetzt besser aussteigen, als das bisher der Fall war? – Dafür habe ich kein Argument gehört. Bedeutet das, daß sich der Steuerzahler Geld ersparen würde? – Das wird wohl niemand behaupten mögen. Wer bekommt aber diese zusätzlichen 7 Milliarden Euro, die über dem Ziel der realen Ausgabenstabilisierung liegen? – Wenn die Struktur der Agrarpolitik nicht geändert wurde, heißt das, daß von diesen zusätzlichen 7 Milliarden Euro offensichtlich die großorientierten Agrarproduktionen in Europa den Löwenanteil bekommen werden. (Zwischenruf des Abg. Schwarzböck.) Bitte? (Abg. Schwarzenberger: Und das verlangt die SPD ... in Europa!)

Da muß man auch dazusagen, wieso das so verhandelt wurde. Es gibt ganz offensichtlich in Deutschland – und nicht nur dort – eine agrarische Struktur in den neuen Bundesländern mit den riesigen LPGs, die natürlich in Vertretung deutscher Interessen versuchen, das Maximum für ihre Betriebe herauszuholen. Da muß man aber klar sagen: Das ist nicht unsere Lesart, denn unsere österreichische Lesart ist aufgrund der Struktur der Landwirtschaft eine andere.

Aber, Herr Kollege Schwarzböck: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß das 7 Milliarden Euro mehr kostet, offensichtlich bringt es jedoch uns beziehungsweise den kleineren Bauern nicht mehr. (Abg. Schwarzböck: Selbstverständlich!) Das heißt, das Geld fließt unserer Auffassung nach in die falschen Kanäle. Da muß man sich schon die Frage stellen: Welche Möglichkeiten hat denn nun der Berliner Gipfel, um mit diesem Problem umzugehen? – Es gibt im wesentlichen zwei Möglichkeiten. Man sagt, man akzeptiert diese 7 Milliarden Euro an Mehrausgaben. Dann gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: Entweder man erhöht einfach den Bruttobeitrag, das heißt, die einzelnen Mitgliedstaaten zahlen mehr ein, um diese zusätzlichen 7 Milliarden Euro finanzieren zu können – das würde heißen, mehr Geld des Steuerzahlers nach Brüssel –, oder, wenn man diesen Betrag von 7 Milliarden so akzeptiert, daß man in anderen Ausgabentöpfen der Europäischen Union einspart, so zum Beispiel bei den Regionalfonds, in der Forschung, in der Wissenschaft, in anderen Bereichen. Und da muß man sich eben die Frage stellen: Will man das?

Man kann aber auch sagen: Naja, diesen Betrag von 7 Milliarden Euro haben jetzt einmal die Landwirtschaftsminister festgesetzt, wir wollen das aber nicht. – Dann gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man damit umgehen kann. Die Franzosen fordern ein Aufschnüren des Paketes. Das wäre, so glaube ich, innerhalb von zwei Tagen relativ schwer bewältigbar. Ein weiterer Vorschlag geht in Richtung zeitlicher Degression, das heißt, daß diese Maßnahmen ab einem


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