Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 152

bestimmten Zeitpunkt auslaufen und diese 7 Milliarden nicht schlagend werden. Da stellt sich natürlich auch die Frage: Welche Auswirkungen hätte eine solche Regelung in erster Linie für die österreichische Landwirtschaft?

Was ich damit verdeutlichen will, ist, daß das, was dabei herauskommt – und das ist auch eine Debatte, die wir führen müssen –, folgendes ist: Es gibt Länder, die überproportional vom Agrarhaushalt der Europäischen Union profitieren – unter anderem Frankreich, unter anderem Dänemark. Was für uns Österreicher schwer erträglich ist, ist, daß wir uns dazu bekennen, daß es in der Europäischen Union Solidarität geben soll, nämlich dahin gehend, daß die reicheren Länder ärmeren eine Unterstützung bieten. Wenn wir aber dieses Prinzip haben, so ist es für uns kaum zu "derpacken" und kaum zu akzeptieren, daß Länder, die ebenso reich wie Frankreich sind, oder Länder, die noch reicher sind als Österreich, nämlich Dänemark, durch diese Dotierung weiterhin Nettoempfänger der Europäischen Union sein werden. (Abg. Aumayr: Das haben Sie aber beschlossen!) Ich glaube, das ist die Grundcrux, die hinter dieser Agenda 2000 steht, daß nämlich Finanzstrukturen, die in Europa demokratisch schwer akzeptabel sind, durch diese Agenda perpetuiert werden. (Abg. Aumayr: Sie haben es beschlossen! – Abg. Dr. Ofner: Ich habe immer geglaubt, du bist Außenminister! Jetzt wirst du Landwirtschaftsminister!) – Das hat nicht nur mit Landwirtschaft zu tun.

Nächster Punkt: Wieso ist die Agenda überhaupt gemacht worden? (Abg. Aumayr – in Anspielung auf die englische Aussprache des Redners beim Wort "Agenda" –: Wieso sagst du immer "Ätschenda"?) Es hat letztendlich zwei Begründungen gegeben. Die eine Begründung war, man müsse die Europäische Union auf die Osterweiterung vorbereiten. – Dazu stelle ich fest, daß in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" heute folgendes zu lesen ist: Das eigentlich Ziel des Reformpakets, die Vorbereitung der Gemeinschaft auf die Osterweiterung, spielt im Streit über Budgetarithmetik und Nettosalden nur noch eine Nebenrolle. – Zitatende.

Das heißt, in Wirklichkeit wurde mit der Form der Diskussion über die Agenda das große historische Projekt Osterweiterung zumindest einmal für einen längeren Zeitraum verschoben, weil es mit diesen Vorgaben relativ schwer erreichbar sein wird.

Zweite Zielsetzung: Man wollte für die WTO-Verhandlungen gewappnet sein, um in den gesamten Debatten über die Weltwirtschaft dementsprechend besser dazustehen. Ich habe erhebliche Zweifel daran, daß das, was von den Landwirtschaftsministern ausgehandelt wurde, bei der nächsten WTO-Runde bestehen kann.

Ich sage noch dazu, man soll nicht geringschätzen, in welchem Ausmaß sich die Auseinandersetzungen in handels- und industriepolitischen Konflikten zwischen den USA und Europa verschärfen. Ich weise nur darauf hin, daß in der Frage des Verbotes der Einfuhr von amerikanischem Hormonrindfleisch – einer vergleichsweisen Bagatelle – die Amerikaner mit Retorsionsmaßnahmen und Strafzöllen antworten, die letztendlich allein für die österreichische Exportwirtschaft rund 900 Millionen Schilling ausmachen. Jetzt möchte ich mir nicht ausmalen, was das, was jetzt in der Agenda steht ... (Abg. Schwarzböck: Wollen wir Hormonfleisch?) – Nein! Ich nehme das als Beispiel dafür, was wir bei der nächsten WTO-Runde auf Basis dieser Vorgaben erwarten können, wenn bereits bei einer solchen vergleichsweisen Bagatelle die Retorsionsmaßnahmen so scharf sind.

Daher zusammenfassend: Ich sehe diese legitimen Interessen völlig ein, es stellt sich jedoch schon die Frage, ob es, wenn man die Agenda WTO-fähig machen würde, nicht intelligentere Lösungen gegeben hätte. Ich bringe dazu ein Beispiel: Wenn man in die Förderung des ländlichen Raumes via Regionalförderungsprogramme mehr Geld investiert hätte, dann wäre diese Art von Förderung, die übrigens in bezug auf die Bauern eine sehr große Treffergenauigkeit hat, viel resistenter gegen eine Auseinandersetzung innerhalb der WTO als die jetzt getroffenen Regelungen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwarzböck: Von den Sozialdemokraten bekämpft!)

Letzter Satz, Herr Präsident: Wenn sich der österreichische Landwirtschaftsminister, der meiner Auffassung nach in der Endphase der Verhandlungen eine richtige Haltung eingenommen hat,


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