Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 98

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.44

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren – auch Sie auf der zahlreich besetzten Galerie! Ich möchte die Debatte zur Vorlage betreffend den Nationalpark Neusiedler See zum Anlaß nehmen, zu einem neuen Pflänzchen in Österreichs Nationalparklandschaft, nämlich dem Nationalpark Gesäuse in der Obersteiermark, kurz Stellung zu nehmen.

Herr Bundesminister! Wir schauen etwas neidvoll auf den Seewinkel, wo eine gediegene Aufbauarbeit, bei der es auch Anfangsschwierigkeiten gab, zu einer fast lückenlosen Akzeptanz seitens der Bevölkerung geführt hat. Dieser Nationalpark ist unserer Ansicht nach von unten gewachsen, er ist von der Bevölkerung gewollt und von ihr inzwischen vollständig akzeptiert und weitgehend von politischem Hickhack freigeblieben.

Anders ist es in der Steiermark. Dort bringt eine Gemeinde das Thema zu ihrem Landesrat, aber nicht deshalb, weil ein ökologisches Sendungsbewußtsein sie beflügelt, sondern weil sie auf diesem Umweg einen Gipsabbau in ihrem Gemeindegebiet verhindern will. Der Herr Umweltlandesrat lehnt sich unter der Devise: Jedem Bundesland seinen Nationalpark! weit hinaus, erfreulich weit hinaus. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Herr Naturschutzlandesrat Hirschmann, ich korrigiere mich, lehnt sich zu diesem Thema weit hinaus, zu weit für eine gewöhnlich recht koalitionstreue rote Bettnachbarschaft, die ab diesem Zeitpunkt zu diesem Projekt "njet" sagt.

Herr Bundesminister! Es hat sich eine Front gegen diesen Nationalpark gebildet – das ist traurig –, die Gallup mit 91 Prozent angibt.

Bei uns in der Obersteiermark kommt es zu einem Polarisieren – Bauern gegen Frächter, Umweltaktivisten gegen Förster und Jäger, Gastronomen gegen Lawinen- und Wildbachverbau, jeder gegen jeden. Herr Bundesminister! Sie haben sich ja bei einem Besuch im Gesäuse von der Schönheit dieser Berglandschaft, druchkreuzt von der wildromantischen Enns-Schlucht, überzeugt und wohl auch die gärende Aversion etwas gespürt.

Ich empfehle Ihnen, die Politiker insbesondere aus Ihren Reihen diesbezüglich etwas zurückzunehmen und der betroffenen Bevölkerung konkrete Vorhaben mitzuteilen und zur Diskussion zu stellen.

Zur Vorbereitung eines Nationalparks gehören auch Rahmenbedingungen. Es gehören Bedingungen verbessert, die dort im argen liegen. Herr Bundesminister! Mitten im Gesäuse steht am Enns-Fluß ein Kraftwerk, das seit 1954 – das ist unverändert – keine Restwasserdotierung auferlegt bekam. Statt das Wasserrecht diesbezüglich umzusetzen, hat die Landesenergiegesellschaft einen anderen Appetit entwickelt: Sie kauft an der Enns sämtliche Fischereirechte auf, um sich etwa unliebsamer Gegner bei Schwemmaktionen, Baumaßnahmen, Schwelltätigkeiten zu entledigen.

Übrigens: Fischereirechte sind derzeit zu Schleuderpreisen zu bekommen, denn aufgrund Ihrer bedingungslosen EU-Gläubigkeit und Ihres Zögerns sind die Flüsse der Obersteiermark durch eine Kormoran-Invasion nahezu leergefressen und die heimischen Fischarten fast ausgerottet. Daß Sie, Herr Kollege Tychtl, schmunzeln, beweist mir, daß für Sie der Artenschutz an der Wasseroberfläche endet und daß Sie dieses Problem von europäischer Dimension noch nicht begriffen haben. (Abg. Ing. Tychtl: Nein, aber ich habe vor zwei Wochen die gleiche Argumentation im Fernsehen gesehen!)

Längst gehört diese einst aus Asien importierte Spezies des Kormorans aus dem Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie gestrichen! Herr Bundesminister! Derzeit ist eine gute Gelegenheit dafür, denn Kommissarin Bjerregaard ist ja abhanden gekommen, und aus dem EU-Parlament kommen deutliche Signale in Richtung dieser Lösung.


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