Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 235

niemals promoviert wurden. Offenbar galt aber der Hinweis auf Wien als ein Qualitätsmerkmal. – Ich möchte nicht wissen, wie die Praxis eines amerikanischen Arztes heute, da wir in der Liste der medizinischen Fakultäten irgendwo bei Thailand relativ weit unten angesiedelt sind, aussehen würde, wenn er in einer Zeitung jetzt damit würbe, daß er in Wien promoviert worden sei!

Ich möchte aber festhalten – entgegen vielen Unkenrufen, vor allem in gewissen Medien, möglicherweise hie und da in Kreisen der Politiker –, daß ich der Meinung bin und die Erfahrung gemacht habe, daß unsere Universitäten im Ausland durchaus anerkannt sind: Ich könnte mir die Tatsache, daß etwa an manchen Fakultäten, die ich kenne, der Zuzug an Gastprofessoren größer ist denn je, nicht anders erklären.

Dennoch ist festzuhalten, daß zwar auf der einen Seite diese Enquete zum Thema "Qualitätssicherung für Forschung und Lehre" abgehalten wird, auf der anderen Seite die Gesetzeslage jedoch mit folgenden Fragen zu charakterisieren ist: Halten Sie es im Sinne einer Steigerung der Qualität wirklich für sinnvoll, daß Assistenten ab dem dritten Semester, also nach einem Jahr Assistentenzeit, als Hochschullehrer zur selbständigen Lehre herangezogen werden können, oft im Hörsaal stehen und Fotokopien vorlesen? Halten Sie es wirklich für eine Steigerung der Qualität von Forschung und Lehre, daß man sozusagen ohne Meisterprüfung, nämlich ohne Habilitation, in ein pragmatisiertes Dienstverhältnis kommen kann? Dazu kommt oft noch die Ironie, daß jemand, dessen Schrift als Habilitation abgelehnt wurde, aufgrund derselben Schrift auf einer sozusagen etwas niedrigeren Stufe pragmatisiert wird, mit demselben Effekt, daß er dann eben mit selbständiger Lehre beauftragt ist.

Was die Lehre betrifft: Halten Sie es wirklich für ein Qualitätsmerkmal, daß man bei uns zu einer Diplomteilprüfung insgesamt viermal antreten kann? Multiplizieren Sie dies mit der Anzahl von etwa 18 bis 20 Diplomteilprüfungen in Studien wie dem Studium der Rechtswissenschaft! Das ist ein europäisches Unikat, das muß ich hinzufügen! Halten Sie es wirklich für eine Qualitätssteigerung, daß durch den jetzt zwingenden dritten Prüfungstermin mitten im Semester, was bis vor dem Jahrhundertgesetz, wie Herr Lukesch das neue UniStG ... (Abg. Dr. Lukesch: So haben wir das immer schon gemacht!) Herr Lukesch! An einer kleinen Fakultät mag das gehen, aber an einer großen Fakultät ist es so, daß eine Fülle von Lehrveranstaltungen abgesagt werden muß! (Abg. Dr. Lukesch: Ich stehe für die Studenten!) Ich auch! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich will Studierende, die im Hörsaal ausgebildet werden, aber nicht Studierende, die irgendwo studieren und an die Uni nur kommen, um Prüfungen zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben Ihre Meinung, und ich habe meine Meinung. Ihre Fakultät, Herr Kollege Lukesch, ist in amerikanischen Zeitungen vor 100 Jahren noch nicht angepriesen worden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Halten Sie es wirklich für eine Qualitätssteigerung in der Lehre, daß wir für jede Fakultät in Österreich fünf verschiedene absolut inkompatible Studienpläne haben, was es den Studenten nahezu unmöglich macht, den Studienort zu wechseln? – Vielleicht sind Sie anderer Meinung! Schweizer Kollegen haben uns österreichische Juristen immer beneidet, daß wir an allen Fakultäten nahezu gleich unterrichten, denn wenn sie eine Bahnstunde von Bern in irgendeine Richtung fahren, nach Lausanne, nach Fribourg oder nach Zürich, dann können sie mit ihrem Jusstudium nichts anfangen. Und diese Situation haben Sie in Österreich jetzt auch geschaffen!

Ursprünglich, vor vielen Jahren, sah der Grundriß der Universität bei den Juristen – ich nenne das mir naheliegende Beispiel – wie folgt aus: Hörsaal, Hörsaal, Hörsaal, Hörsaal, ein Raum für das Dekanat, ein Professorenzimmer. Außer den beiden letzteren waren alle Räume Hörsäle. Wenn Sie jetzt dort durchgehen, können Sie feststellen, daß nahezu alle Hörsäle Büroräume geworden sind. Aber nicht nur das! Außerdem hat man auch noch eine Zwischendecke eingezogen, um die Zahl der Büroräume zu verdoppeln! Halten Sie es für eine Qualitätssteigerung von Forschung und Lehre, daß die Bürokratie so immens angestiegen ist? – Ich muß Ihnen sagen: Ich halte das für keine Steigerung der Qualität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Halten Sie es für eine Qualitätssteigerung in Forschung und Lehre, daß im Augenblick – sozusagen zur Stunde – nur 19 Prozent der Wahlberechtigten unter den Studentinnen und Studenten


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