Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 57

rungsgesetzes ist zwar keine grundlegende Erneuerung des österreichischen Eherechtes, aber ich bin überzeugt davon, daß dieses Gesetz jedenfalls ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung unseres Eherechtes ist, ein Schritt durchaus im Einklang mit unserer gesellschaftlichen Entwicklung.

Sie werden mir doch darin recht geben, daß die Neuformulierung des Partnerschaftsprinzips im § 91 ABGB, wonach die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft mit dem Ziel der vollen Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich gestalten sollen, von vielen – besonders jüngeren – Ehepaaren schon heute gelebte Ehewirklichkeit ist, und gleiches läßt sich, um beim § 91 zu bleiben, von der grundsätzlichen Anerkennung des Wunsches eines Ehegatten nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit als einen wichtigen Grund für die Neugestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft sagen.

Ich glaube auch nicht, daß, wie Herr Abgeordneter Graf gemeint hat, der Großteil der Bevölkerung, wenn er nur korrekt und nicht desinformiert ist, eine Beseitigung des absoluten Charakters des Scheidungsgrundes Ehebruch ablehnt. Abgesehen davon – das wurde schon gesagt –, daß die Menschen mit dem Begriff des absoluten Charakters einer Eheverfehlung in Wirklichkeit nichts anzufangen wissen, ist es doch heute allgemeine Überzeugung, daß eine Ehe nur dann geschieden werden soll, wenn sie tatsächlich gescheitert ist, wenn sie also, wie es im Ehegesetz auch sonst verlangt ist, unheilbar zerrüttet ist.

Daß dies so auch die Bischofskonferenz und auch die Katholische Aktion in ihren positiven Stellungnahmen zum Gesetzentwurf nicht anders gesehen haben, wurde ebenfalls schon erwähnt, soll sich doch an der Bedeutung des Ehebruches als auch weiterhin schwere Eheverfehlung durch den Gesetzentwurf nichts ändern. Er wird in § 49 Ehegesetz neben der Zufügung körperlicher Gewalt und schweren seelischen Leides als schwere Eheverfehlung besonders hervorgehoben.

Schließlich glaube ich, daß auch die neue Unterhaltsregelung des § 68a Ehegesetz durchaus auf Verständnis und Akzeptanz eines objektiv aufgeklärten Bürgers stößt. Tatsächlich herrscht doch heute überwiegend die Auffassung, daß der Streit im Scheidungsverfahren über Eheverfehlungen, die sich die Ehegatten wechselseitig vorwerfen, besser vermieden werden sollte. Dieses sogenannte Schmutzwäschewaschen vor dem Scheidungsrichter ist allgemein verpönt und wird auch allgemein abgelehnt. Der hohe Anteil an einvernehmlichen Scheidungen belegt dies sehr eindeutig.

Gerade dieser Haltung trägt auch der neue Unterhaltstatbestand des § 68a Ehegesetz Rechnung. Ein Ehegatte, der deshalb nicht für seinen Unterhalt sorgen kann, weil er entweder die aus der Ehe stammenden Kinder zu betreuen hat oder einvernehmlich während vieler Ehejahre den Haushalt geführt und die Kinder betreut hat und daher seine eigenen beruflichen Möglichkeiten hintanstellen mußte, soll im Falle der Scheidung aus diesem Grund und nicht primär deshalb, weil sein Partner Eheverfehlungen gesetzt hat, Unterhalt verlangen können.

Meine Damen und Herren! Es gibt Untersuchungsergebnisse, wonach es vor allem den Frauen – und um diese geht es ja in der Ehe in Wirklichkeit zumeist – höchst unangenehm ist, sich vor Gericht mit ihrem Partner über wechselseitige Schuldvorwürfe auseinandersetzen zu müssen, nur um sich ihren berechtigten Unterhalt zu sichern. Der neue § 68a bietet nun künftig die Chance, ohne eine solche Auseinandersetzung, weil grundsätzlich unabhängig vom Verschulden, einen Unterhaltsanspruch zu erlangen, sofern eine der beiden Anspruchsvoraussetzungen gegeben ist.

Verschuldensunabhängig heißt zugegebenerweise, daß der neue Unterhaltsanspruch unter Umständen auch einem Ehegatten zustehen soll, den selbst ein Verschulden oder Mitverschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Daß es für einen solchen Anspruch des schuldigen Ehegatten aber Grenzen geben muß, entspricht auch überwiegend der gesellschaftlichen Anschauung, und das nicht nur hier in Österreich, sondern auch in jenen Ländern, die für den nachehelichen Unterhaltsanspruch statt des Verschuldens das Bedarfsprinzip kennen.


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