Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 101

Legislaturperiode eine echte Steuerreform angestrebt hätten, dann hätten Sie sich ja diesen Spielraum beziehungsweise diese Gestaltungsmöglichkeit schaffen können. Sie haben es eben nicht geschafft und haben daher aufgrund der gegebenen Voraussetzungen eine Tarifanpassung durchgeführt.

Da muß ich schon Herrn Professor Van der Bellen meine Hochachtung aussprechen, der zum Unterschied von Herrn Kollegen Stummvoll, der es mit einem Sparschweinderl probiert hat, mit einem DIN-A4-Zettel wirklich wunderbar demonstriert hat, wie die Situation ausschaut, beziehungsweise hat er dokumentiert, daß Ihre sogenannte Steuerreform – oder, wie ich sage: Tarifanpassung – ja in Relation zum Budget noch nicht durchgestanden ist. Es gibt doch keinen Finanzminister, der eine Budgetentwicklung hundertprozentig voraussehen kann. Es gibt Einflüsse, die auch der Finanzminister nicht steuern kann. Er kann zwar einiges durch neue Abgaben kompensieren, aber ob diese Tarifanpassung in Harmonie zum Budget stehen wird, das wird sich grundsätzlich erst später herausstellen. Sie wurde vor allem deswegen durchgeführt, weil wir eben vor Wahlen stehen.

Herr Kollege Stummvoll hat wirklich wirksam demonstriert, daß das eine Wahlkampfstrukturanpassung ist, und er hat diese Wahlkampfsteuerreform, wie er sie bezeichnet, mit Beispielen argumentiert, die auch wieder nichts mit einer echten Steuerreform zu tun haben. Eine strukturelle Veränderung unseres Steuerwesens, sprich die Ökologisierung unseres Steuersystems, wird unumgänglich notwendig sein. Maßnahmen im Hinblick auf Jungunternehmer oder die Förderung der Lehrlinge werden nicht das Gelbe vom Ei sein. Sinnvolle Maßnahmen für die Klein- und Mittelbetriebe werden nur in der Form zu treffen sein, indem ein grundsätzliches Umdenken in diesem Bereich herbeigeführt wird.

Was meine ich damit? – Die Lage der Klein- und Mittelbetriebe ist zurzeit derart schwierig, daß auch mit Maßnahmen wie Begünstigung von Jungunternehmern ein Jahr lang oder Begünstigung von Lehrlingen die Existenz nicht abgesichert ist. Wir alle wissen, welche Probleme uns da ins Haus stehen. Wir werden wegkommen müssen davon, daß diese Dienstleistung, die die Unternehmer, die Klein- und Mittelbetriebe organisieren, mit derartigen Kosten behaftet ist, daß sie nicht mehr überwälzbar sind. Dort liegt das Problem. Bei den Konzernen, beim Handel funktioniert es, dort läuft es, aber der Klein- und Mittelbetrieb, der Dienstleister ist nicht mehr in der Lage, seine Belastungen auf die Dienstleistungskosten zu überwälzen.

Da bin ich bei Tagesordnungspunkt 24, der leider auch in einem mit anderen Tagesordnungspunkten abgehandelt wird. In diese Richtung wird sich das bewegen müssen. Man wird sich bei der Erstellung von Mehrwertsteuermodellen oder sonstigen Maßnahmen wirklich aufraffen und darauf achten müssen, daß man die Lohnbegleitkosten – ich nenne sie bewußt nicht Lohnnebenkosten, denn sonst reize ich Sie – oder diese Dienstleistungsbegleitposten drastisch reduziert, denn das sehe ich als einzige Möglichkeit dafür, die Klein- und Mittelbetriebe überleben zu lassen.

13.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.49

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Am Ende dieser Debatte kann man feststellen, daß es eigentlich an den Maßnahmen, die wir heute beschließen, sehr wenig Kritik gegeben hat und daß sich in Wirklichkeit die Kritik an dem bündelt, was in dieser Reform nicht beinhaltet ist.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, es hat auch niemand behauptet, daß alles, was denkbar ist, und alles, was die Steuerreformkommission auch sinnvollerweise erarbeitet hat, in dieser Reform nun beinhaltet ist. Es hat auch niemand behauptet, daß nun ein Stopp im Hinblick auf neue Steuergesetze ausgerufen wird, sondern die Steuerreform versteht sich als wertvoller Beitrag, der derzeit kleine und mittlere Einkommen entlastet und somit einen wertvollen Impuls für die Wirtschaft in Form von Nachfragesteigerung mit sich bringt. (Beifall bei der SPÖ.)


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