Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 26

Frage: Ist in Ihrem Ressort geplant, irgendeine Vorkehrung oder vorbeugende Maßnahme im Insolvenzrecht vorzusehen, um der restriktiven Haltung, der permanenten Kontrastimmung der Wiener Gebietskrankenkasse und damit einer De-facto-In-Konkurs-Treiberei im Ausgleichsverfahren vorbeugend entgegenzuwirken?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Im Augenblick gibt es im Hause keine diesbezüglichen Überlegungen. Die von Ihnen angesprochenen Fragen waren auch Diskussionsgegenstand bei den früheren Insolvenzrechtsänderungen. Diesbezüglich gibt es bei uns momentan keine Aktivität.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir hätten noch ein paar Minuten Zeit. Ich schlage vor, daß wir auch noch die letzte Frage behandeln. Ich bitte um kurze Fragen und kurze Antworten.

Herr Abgeordneter Dr. Krüger, bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

279/M

Warum sieht die Strafprozeßnovelle 1999 für so schwerwiegende Delikte wie die Entführung von Unmündigen, um sie zur Unzucht zu mißbrauchen, oder die pornographische Darstellung mit Kindern die grundsätzliche Möglichkeit der Straffreiheit durch Diversion vor?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Zunächst möchte ich folgendes feststellen: Wenn es zu Unzucht, Beischlaf oder Mißbrauch kommt, dann werden andere Delikte verwirklicht, und diese sind nicht diversionsfähig.

Wenn es bei der Entführung von Unmündigen zur wenigstens versuchten Realisierung der Unzucht kommt, ist eine Konkurrenz mit dem Unzuchtsdelikt gegeben, und dieses ist nicht diversionsfähig.

Ebenso ist es bei der Pornographie. Da muß es gar nicht zu einer realen Unzuchtshandlung kommen, sondern es genügt schon, wenn nur der Eindruck erweckt wird, daß eine solche Handlung gegeben ist. Kommt es zu einer realen Unzuchtshandlung, dann ist ein Tatbestand verwirklicht, der nicht diversionsfähig ist.

Zweitens – ganz grundsätzlich; das haben wir hier schon mehrmals erörtert – heißt das ja nicht, daß jene Delikte, für die Einzelrichter oder Bezirksgerichte zuständig sind, immer und in jedem Fall Gegenstand der Diversion sind, sondern es sind schuld-, präventions- und folgenbezogene Anwendungsvoraussetzungen gegeben. Nur dann, wenn die Schuld gering ist, wenn keine general- oder spezialpräventiven Bedenken gegeben sind, wenn es die Situation opferbezogen zuläßt, kommt es zu einer diversionellen Maßnahme. In aller Regel wird es bei keinem der von Ihnen heute oder in der Vergangenheit genannten Delikte zu einer diversionellen Erledigung kommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Glauben Sie allen Ernstes, daß man in Zeiten einer zunehmenden Brutalisierung der Gesellschaft dem mit einer Änderung des Strafprozeßrechtes, mit einer grundsätzlichen Straffreiheit bei Delikten bis zu fünf Jahren, also Delikten der leicht- und mittelschweren Kriminalität, auch der kinderpornographischen Darstellung von Unmündigen, mit Straffreiheit durch Diversion begegnen kann?


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