Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 70

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Meine Damen und Herren! Ich darf ohne Überheblichkeit sagen, dass ich in Situationen, die für die Republik wichtig waren, als Repräsentant der Sozialpartner oder in Parteienverhandlungsteams dabei war, in denen es ähnliche Situationen gegeben hat. Manche sind sogar nachzulesen, etwa die Forderung von Minister Lacina bei den EU-Verhandlungen in Brüssel, dass ohne mein Ja zum Verhandlungsergebnis, ohne dass ich bei einer einzigen Verhandlung mit der österreichischen Delegation dabei sein konnte, ohne ein Ja von mir als Bauernvertreter keine Integration aus Sicht der SPÖ stattfinden wird. Wir konnten ein Verhandlungsergebnis erzielen, zu dem ich heute noch stehe. Mich freut es, dass diese Regierungspartnerschaft eine Änderung der Position der Freiheitlichen von fundamentaler Oppositions-Europapolitik zur Mitverantwortung herbeigeführt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Flexibel sind sie!)

Ich weiß aus Erfahrungen am eigenen Leib – ich habe das oft schon in meiner Verantwortung als Parlamentarier und Sozialpartner, als Parteienverhandler gespürt –, wie schwer es ist, im Interesse des Ganzen persönliche Standpunkte zurückzustellen. Daher hat es mir wehgetan – ich sage das ganz offen –, dass Präsident Verzetnitsch mit uns jetzt nicht – aber ich hoffe, wir können das in der Sozialpartnerschaft tun – das intensiver weitergeführt hat, was an der Spitze der gewerkschaftlichen Forderungen einer Bundesregierung gegenüber stehen müsste. Ich habe aufmerksam zugehört. Präsident Verzetnitsch, mit dem ich ein korrektes Zusammenarbeitsverhältnis habe, hat beklagt, dass bei der Urlaubsaliquotierung, wenn sie schon Gesetz wäre, Mütter bereits jetzt aus den Energieferien zurückkommen müssten, wenn sie Anfang des Jahres ein Arbeitsverhältnis eingegangen wären.

Meine Damen und Herren! Wir haben Hunderttausende Familien in diesem Land, die nie in den Energieferien Ferien machen können. Wir haben Hunderttausende Familien in verschiedenen Berufsgruppen, im Arbeitnehmerbereich, bei den Bauern, im Bereich der Kleingewerbetreibenden, die sich Urlaub fast nie leisten können. Dort haben wir Partnerschaft zu beweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Reitsamer. )

Ich sage Ihnen ganz offen: Wenn das größte Problem unserer Partnerschaft darin liegt, dass einen Monat nach Arbeitsantritt nach den längsten Weihnachts- und Neujahrsferien, die wir je hatten, und unter Umständen der Tatsache, dass vorher gar kein Arbeitsverhältnis bis zum 31. Dezember gedauert hat, weil Resturlaube konsumiert werden hätten können oder weil unter Umständen gar keine Arbeit zur Verfügung war, dann bitte ich Herrn Präsident Verzetnitsch in sozialpartnerschaftlicher Tradition: Wenden wir uns den sozialen Problemen der Republik zu! (Abg. Verzetnitsch: Gerne!) Aber ich kann als Bauernvertreter kein Problem darin sehen, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, die beziehungsweise der am 2. Jänner zu arbeiten begonnen hat, rechtlich den Urlaubsanspruch einfordert, obwohl sowieso 99 Prozent solche Probleme in freier Vereinbarung lösen können, ich kann da keinen Sozialabbau sehen.

Meine Damen und Herren! Daher bin ich froh darüber, dass wir im Bereich der europapolitischen Aufgabe dahin gehend Übereinstimmung gefunden haben, dass die wichtigen Fragen, die wir im Europa-Vertrag, die wir in der Agenda 2000 übereinstimmend sichergestellt haben, behandelt werden, dass wir in Europa auch unter momentan erschwerten Bedingungen mit dieser Regierung ein klares Bekenntnis zum ländlichen Raum, zur ländlichen Entwicklung abgeben. Ich möchte mir nicht gerne namens der Bauern vorhalten lassen, dass wir hier Geschenke bekommen hätten. Die Ausfinanzierung des Bergbauernsockelbetrages, die Ausfinanzierung der ÖPUL-Maßnahmen waren auch mit den Vertretern der Sozialdemokratie paktiert und gehen auf einen Ratsbeschluss der Agenda 2000 unter Mitwirkung von Bundeskanzler Viktor Klima im März 1999 zurück.

Meine Damen und Herren! Ich bin auch froh darüber – das sage ich ganz offen –, dass wir einige unhaltbare soziale Ungerechtigkeiten mit diesem Regierungsübereinkommen beseitigen wollen. Wir bekennen uns klar zum Karenzgeld für alle, und ich freue mich darauf, wenn wir den alten Bäuerinnen und Bauern helfen können, denen wir nie erklären konnten, dass ein fiktives Ausgedinge 30 Jahre nach Einführung der Bauernpension immer noch angerechnet wird und dazu führt, dass Tausende mit 5 000 S und weniger leben müssen, und dass das nicht linderbar ist. Ich weiß nicht, ob wir das in einem Schritt "heben" werden, aber jedes Signal in diese Richtung ist eine Anerkennung des Lebenswerks von bäuerlichen Berufskollegen, die sich um


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