Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 95

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zur Teilhabe aller an dem Wohlstand in der Gesellschaft? Wie steht sie zum Recht auf existentielle Absicherung und sozialen Schutz bei Krankheit, bei Invalidität, bei Arbeitslosigkeit? Wie steht sie zum Recht auf angemessene Versorgung im Alter? Und bekennt man sich dazu, dass Menschen Rechte haben und nicht Almosenempfänger sind? (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte haben sich jeweils unter Führung eines sozialdemokratischen Bundeskanzlers gemeinsam mit dem Koalitionspartner diesen Zielen verpflichtet gefühlt. Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel hat zu Recht auf den hervorragenden Ist-Zustand unserer Republik am Arbeitsmarkt, bei der sozialen Sicherheit, bei der Preisstabilität, beim Wirtschaftswachstum, aber auch bei anderen Dingen verwiesen; auch auf unser hervorragendes Gesundheitssystem, das sich daran orientiert, dass jeder und jede gleichen Zugang zu allen Gesundheitsleistungen hat, unabhängig davon, ob man Jung oder Alt ist, Mann oder Frau ist, ob man einkommensstark oder einkommensschwach ist.

Um diese Standards auch in Zukunft halten zu können, bedarf es permanenter Reformen, Anpassungen und auch Neuorientierungen. Die SPÖ bekennt sich dazu, wenn dies mit sozialer Ausgewogenheit, Ausgeglichenheit und menschenorientiert erfolgt. Sie hat dies in der Vergangenheit gemacht und wird das auch in Zukunft machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ein Blick auf das uns vorliegende Programm der Bundesregierung lässt jedoch befürchten, dass dieser Weg nicht fortgesetzt werden soll, daher – noch einmal – diese Dringliche, um gleich zu Beginn Klarheit über die Absichten, insbesondere im Pensions-, Arbeits- und Gesundheitsbereich, zu haben und zu bekommen. Ich glaube nämlich, die Bevölkerung hat ein Recht darauf, von den Absichten der neuen Regierung zu erfahren.

Sehr geschätzter Abgeordneter Dr. Pumberger! Ich habe das Regierungsprogramm sehr sorgfältig gelesen, und ich habe auch sehr viel Bekanntes gefunden, was ich schon vorher in einem anderen, nicht unterfertigten Programm vorgefunden habe, aber ich habe auch sehr vieles gefunden, wo Unschärfen, Unklarheit und Widersprüche sind, und ich glaube, es ist das Recht des Parlaments, hier Klarheit zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Frau Ministerin! Ich darf Sie daher auch fragen, ob Sie gedenken, die gesetzlichen Alterspensionskriterien, ungeachtet der Arbeitsmarktsituation, kurzfristig und doch sehr dramatisch zu verschärfen. Haben Sie ernsthaft die Absicht, nicht nur das Pensionsanfallsalter zu ändern, sondern auch massive Abschläge, weit über die bisher bestehenden Regelungen hinaus, einzuführen? Finden Sie es sozial verträglich, für eine eher kleine – um nicht zu sagen privilegierte – Gruppe von Versicherten die Nettoersatzquote deutlich zu erhöhen und gleichzeitig jene, die aus dem Arbeitsprozess, aus der Arbeitsmöglichkeit hinausgedrängt und gehindert werden, länger zu arbeiten, zu reduzieren? Um es noch einfacher zu sagen: Sollen jene, die die Möglichkeit einer längeren Beschäftigung haben, eine Nettoersatzquote bis zu 90 Prozent bekommen und jene, die diese Chance nicht haben, weil ihnen diese Chance verwehrt wird, sogar unter 70 Prozent Nettoersatzquote fallen?

Sehr geschätzte Damen und Herren! Beim Lesen des Programms habe ich auch den Eindruck gewonnen, dass Sie davon ausgehen, dass wir eine Arbeitswelt haben, in der sich tatsächlich jede und jeder aussuchen kann, wann sie oder er in Pension geht. Es muss eine andere Welt sein, in der Sie leben. Ich erlebe eine Arbeitswelt, in der es nicht möglich ist, den Pensionsantritt eigenständig zu wählen, sondern hier bestimmt einseitig die Arbeitgeberseite, wann der Pensionsantritt zu erfolgen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch ein paar Bemerkungen zum Gesundheitsbereich. Wie der Herr Bundeskanzler schon gesagt hat: Österreich kann stolz sein auf unser System, und auch die OECD hat unserem Gesundheitssystem hohe Qualität zugesprochen. Es ist der Grundsatz des chancengleichen Zuganges, aber auch der Grundsatz der Pflichtversicherung, der uns dieses System möglich macht.

Aber ich sage sehr offen: Ich sehe bei diesem Programm, wie diese Grundsätze verlassen werden. Ich bitte daher auch um Klarstellung, ob hier eine Änderung beabsichtigt ist beim Solidarausgleich zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Älteren und Jungen, zwischen


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