Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 96

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schlechten Risken und guten Risken, zwischen Frauen und Männern, zwischen Menschen, die Beiträge leisten, und jenen, die beitragsfrei mitversichert sind.

Sie sprechen von einem Selbstbehalt bis zu 20 Prozent, und Sie formulieren: "Die Krankenversicherungsträger werden ermächtigt, einen Selbstbehalt bis zu 20 Prozent in ihren Satzungen festzusetzen." – Es wird hier nicht differenziert, um welche Leistungen es sich handelt: ob es Arzneimittel, Arztbesuche, Spitalsaufenthalte, Operationen oder Geburten sind. Daher ergeben unsere Berechnungen, dass sich für den Fall, dass in dieser Form und gemäß Ihrem Gesamttext Selbstbehalte eingeführt werden, für Erwerbstätige und Pensionisten eine Mehrbelastung von 11 Milliarden Schilling ergeben würde. Ich glaube daher, dass es wichtig ist, auch in dieser Frage Klarheit zu erhalten.

Erlauben Sie mir, auch zu sagen, dass es mir zynisch erscheint, wenn der einzelne Krankenversicherungsträger ermächtigt werden soll, diese Selbstbehalte nach Bedarf oder Gutdünken in den Satzungen einzuführen. Sie wissen selbst genau, dass die Struktur der Versicherten eines Krankenversicherungsträgers ganz entscheidend ist für die Leistungsfähigkeit eines Krankenversicherungsträgers, und wenn differenziert wird zwischen jenen Trägern, die viele Risken zu tragen haben, bei denen schlechte Zahler versichert sind und die viele Leistungen zu erbringen haben, und jenen Trägern, die eine günstige Kostenstruktur haben, dann ist dies der erste Schritt zur Entsolidarisierung unseres Systems, der erste Schritt, Kranke gegen Gesunde, Leistungsstarke gegen Leistungsschwache auszuspielen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es ist dies auch der erste Schritt, dass bei uns Krankheit zum Risiko werden könnte, je nachdem, bei welchem Versicherungsträger man versichert ist. Ich glaube, es sind auch Ihnen Fälle aus den Vereinigten Staaten und anderen Ländern bekannt, dass Einkommensstarke bei langer Krankheit auf Grund der Kosten, die diese Krankheit verursacht, ihre Finanzkraft nicht mehr erhalten konnten und verarmt sind. Daraus können sogar wirklich dramatische Situationen für einzelne Personen oder Familien entstehen, wie ich aus eigener Erfahrung aus der Familie weiß.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die SPÖ wird sich auch in der Oppositionsrolle mit aller Kraft darum bemühen und dafür kämpfen, dass Krankheit nicht zu einem existentiellen Kriterium werden kann und wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Arbeit, Gesundheit und Soziales, egal ob durch ein Ressort verantwortet oder anders strukturiert, sind die zentralen Themen und Anliegen für den weit überwiegenden Teil unserer Bevölkerung. Die meisten unserer Mitbürger sind darauf angewiesen, durch ihre eigene Arbeitskraft für sich und Angehörige und auch für die entsprechende soziale Absicherung zu sorgen. Ich glaube daher, dass es ganz wichtig ist, in diesem Bereich immer mit der entsprechenden Ausgewogenheit vorzugehen und bei allen Maßnahmen Augenmaß zu behalten.

Ich betrachte es als ein sehr bedenkliches Signal, wenn die Themen der Arbeitswelt zum neuen Wirtschaftsressort transferiert werden. (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Petrovic. ) Damit verlässt man einen bewährten Pfad und geht am Weg, in Richtung Partnerschaft zu arbeiten, vorbei. Es ist dies eindeutig das Signal, dass die Wirtschaft ihre dominierende Rolle noch dominanter ausüben können wird und dass der Faktor Arbeit eine zweitrangige Rolle in unserer Gesellschaft bekommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Trotzdem wünsche ich der Frau Bundesministerin und ihrem Staatssekretär Erfolg bei einem Regierungskonzept, das neoliberale Grundzüge hat, denn für Sozial- und Gesundheitspolitiker ist es sehr schwer zu verantworten, dass dieses Programm auch tatsächlich umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

15.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die neue Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Frau Dr. Elisabeth Sickl, gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin.


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