Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 156

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.28

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine lieben Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Industriellenvereinigung hat heute in einer Pressekonferenz zum vorliegenden Regierungsprogramm Stellung genommen und hat gemeint, dass sie selbst, aber auch das Ausland, Investoren und Partner im Ausland, dieses Regierungsprogramm positiv beurteilen würden und Vorteile für den Standort Österreich darin enthalten wären.

Als nach dem vorliegenden politischen Willen in Zukunft "Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit" empfinde ich mich in hohem Maße als Standort-Minister und freue mich daher, dem Hohen Hause berichten zu können, dass wir – bei aller Spargesinnung und bei allem Konsolidieren, was notwendig ist – zur Standortsicherung für Österreich, zur Sicherung seiner Arbeitsplätze offensive Maßnahmen insbesondere bei der Senkung der Arbeitskosten vornehmen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es sind dies offensive Maßnahmen, die darin resultieren sollen, dass wir bis zum Jahre 2003 die Arbeitskosten und damit die Lohnnebenkosten um nicht weniger als 15 Milliarden Schilling – bezogen auf die Lohnnebenkosten sind das etwa minus 2 Prozent – senken werden. Es ist dies ein bisher einmaliger Schritt, und wir sind zuversichtlich, dass wir dieses Ziel, das im Übrigen auch mit den Sozialdemokraten so vereinbart war, auch erreichen werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde unter anderem von Frau Kollegin Hostasch Kritik daran geübt, dass es zu dieser Zusammenlegung der Arbeitsmarkt- und der Wirtschaftsagenden in einem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kommen soll. Ich glaube, das rührt von einer überkommenen und nicht mehr richtigen Klischeevorstellung her, die da lautet: Wirtschaft ist gleich Arbeitgeber, das sind die Unternehmer, und Arbeit und Soziales gehören zusammen, das sind die Arbeitnehmer. – Nein, meine Damen und Herren! Standortpolitik und Arbeitsmarktpolitik sind in Wirklichkeit nicht voneinander zu trennen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), und ich behaupte, dass moderne Arbeitsmarktpolitik mehr mit Wirtschaftspolitik denn mit Sozialpolitik zu tun hat. Das Bundesministeriengesetz, das dem Hohen Haus demnächst zur Entscheidung vorliegen wird – eingebracht ist der Initiativantrag bereits –, wird das widerspiegeln.

Im Übrigen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Programm im Bereich der Wirtschaft von drei Prinzipien getragen: Wir wollen liberalisieren, wir wollen demokratisieren und wir wollen privatisieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir wollen demokratisieren im Sinne einer Deregulierung, und wir wollen privatisieren, und zwar privatisieren in einem Bereich, den ich in Österreich nicht mehr als verstaatlichte Industrie bezeichnen will – das ist der Vergangenheit angehörig –, aber privatisieren vor allem im Bereich der ÖIAG, und zwar privatisieren in einer Art und Weise, die die Standortinteressen Österreichs berücksichtigt und die die Entscheidung in vielen Fällen auf der Basis von verpflichtenden Syndizierungen in Österreich belassen soll. Wir wollen eine Privatisierungsstrategie fahren, die letztlich dem entspricht, was in Europa heute als zweckmäßig erachtet wird, ob es sich noch im öffentlichen Eigentum befindet oder nicht. Ich meine, die Zeit der rot-weiß-roten Heckflossen ist vorbei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liberalisieren wollen wir beispielsweise auch im Bereich der Energie, wo wir weitere Schritte setzen wollen, um Österreichs Stromkunden, aber auch Österreichs Gaskunden billigeren Strom, billigeres Gas zu offerieren. Wir wollen in dem Ausmaß liberalisieren, in dem die Richtlinien der Europäischen Union uns das vorgeben, aber noch darüber hinaus, um eine Beschleunigung der dort vorgesehenen Terminpläne zu erreichen.

Eine besondere Rolle, einen besonderen Stellenwert wird in Zukunft die Sozialpartnerschaft spielen beziehungsweise einnehmen. Aufgrund der geänderten politischen Verhältnisse, aufgrund der anderen Struktur in der Regierung wird hier Neuland zu betreten sein, aber


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