Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 63

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Reich sind nämlich Minderheiten verfolgt und fast zur Gänze ausgerottet worden. Denken Sie an die österreichischen Roma und Sinti! Es sind ganz wenige aus den Lagern und KZs zurückgekommen. Oder denken Sie an die österreichischen Juden!

Aber nicht nur in dieser Zeit gab es Anschläge gegen Minderheiten. Die Initiative für eine Staatszielbestimmung und die politische Diskussion dazu wurde in Österreich im Jahre 1995 begonnen. Am 4. Februar 1995 gab es den mörderischen Anschlag auf vier Angehörige der Minderheit der Roma im Burgenland, die dabei ums Leben gekommen sind. Beteuerungen von politischen Repräsentanten dieses Landes, wie wichtig der Schutz der Minderheiten sei, wie wichtig es sei, die sprachliche und kulturelle Vielfalt zu erhalten und zu fördern, waren damals unisono überall zu hören. Damals ist die Idee entstanden – die Grünen haben das dann in Form eines Initiativantrages ja auch zum Ausdruck gebracht –, diese sprachliche und kulturelle Vielfalt der Republik und dieses Bekenntnis zu den Volksgruppen auch rechtlich zu verankern. Dass es fünf Jahre gedauert hat, ist ein Zeichen dafür, dass in diesem Land manches langsam geht. Dass es gerade jetzt umgesetzt wird, das deute ich in der Sache – na selbstverständlich! – als positiv. Dass es der Regierung zurzeit wie gerufen kommt, diese Staatszielbestimmungen jetzt der Öffentlichkeit präsentieren zu können, das sei nur ganz am Rande erwähnt, weil Kollege Ofner so viel von Europa gesprochen hat.

Klar ist: Im Memorandum der österreichischen Volksgruppen 1997 war das eine der Forderungen. Aber ich sage ganz deutlich: Eine der Forderungen ist die Verankerung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt als Interesse der Republik in der Bundesverfassung. Bei vielen anderen Dingen – darauf wird Kollege Brosz von meiner Fraktion noch zu sprechen kommen –, wenn es dann um das geht, was Harald Ofner mit "Blanko" bezeichnet hat, wenn es um die konkreten Dinge geht, da sind die Regierungsfraktionen schon sehr zurückhaltend.

Wir wollen mit unserem Entschließungsantrag nichts anderes, als den Willen zum Ausdruck bringen, dass der österreichische Nationalrat die Bundesregierung ersuchen, auffordern, bitten soll, sich nunmehr über die konkreten Schritte, die in minderheitenpolitischen Fragen notwendig sind – beispielsweise eine mögliche Novellierung des aus 1976 stammenden Volksgruppengesetzes –, Gedanken zu machen und etwas vorzuschlagen. Es steht nicht einmal drinnen, dass es eine Novelle sein muss. Eine Diskussion zu initiieren, das ist die Bitte und die Absicht. Was daran "Blanko" sein soll, das verstehe ich überhaupt nicht, denn es ist evident, dass das Volksgruppengesetz 1976 nicht mehr zeitgemäß ist. (Abg. Dr. Ofner: Wüsstest du überhaupt, wovon du reden sollst, wenn ich den Begriff "Blanko" nicht verwendet hätte?)

Der Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf die 25-Prozent-Klausel in der Topographieverordnung Kärnten zeigt das ja ganz deutlich. Ich zweifle nicht mehr daran, dass diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof als nicht verfassungsgemäß aufgehoben werden wird. Geschätzter Herr Bundeskanzler! Das sind die Dinge, die wir in Zukunft im Anschluss oder anknüpfend an die Staatszielbestimmung diskutieren werden müssen, weil die österreichischen Volksgruppen darauf warten.

Zum Abschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren: Echten Schutz bieten Sie, die Repräsentanten der österreichischen Mehrheitsbevölkerung, den Minderheiten. Das In-die-Mitte-Holen – wie ich vorher gesagt habe –, das Nicht-an-den-Rand-Drängen, die direkte Unterstützung, die Anerkennung, manchmal auch bloß symbolische Akte – all das ist wichtig für diese nicht privilegierten Gruppen unserer Gesellschaft. Denken Sie beispielsweise nur an die Roma im Burgenland, an die Roma und Sinti in Niederösterreich und Wien! Sie leben nicht nur in den erwähnten Bundesländern, über ganz Österreich verteilt leben sie. Zum Teil wissen sie nicht einmal voneinander. Diese benötigen Hilfestellungen auf sozialem Gebiet, eine Förderung der Kodifizierung ihrer Sprache. Es geht oft um ganz einfache Dinge, die Ihnen vielleicht sogar als banal erscheinen, die den Bestand und die Bewahrung der Volksgruppe und ihrer Sprache und damit ihrer Kultur sichern. Das sind die wesentlichen Dinge. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jäger. )

Darauf hoffe ich in Zukunft, dass in dieser Hinsicht etwas weitergeht! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Beschlussfassung ist ein Zeichen. Sie ist aber noch keine Tat


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