Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 29

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alle schlechter Verdienenden, für alle vom Schicksal der reichen Geburt nicht Begünstigten gemacht hat. Letzter Anschlag – das ist, glaube ich, hinreichend klar –: Studiengebühren, Studieren soll wieder zum Privileg der besser Verdienenden werden.

Heute allerdings diskutieren wir auf Initiative der Sozialdemokraten ein Problem, an dem man nun der Regierung wirklich nicht allein die Schuld geben kann. Sie braucht es zwar nicht, dass ich sie in Schutz nehme, aber solche Sachen gehören klargestellt.

Heute liegt der Vorschlag der Sozialdemokraten vor, der offensichtlich von den Regierungsparteien schon aufgegriffen wurde, dass Heizkosten gestützt werden sollen, dass Benzinpreise im Sinne von Pendlerpauschalen gestützt werden sollen. Auch wir Grüne – das sei anfangs klargestellt, auch wenn es dieses Eck da drüben (die Rednerin zeigt in Richtung Freiheitliche) nicht hören wird, das sind wir schon gewohnt, die werden immer die alten Klamotten auspacken, die nicht stimmen und auch im Laufe der Jahre nicht wahrer werden – sind dafür, die Belastungen für die am allerstärksten Betroffenen abzufedern. Das wird dringend notwendig sein. (Beifall bei den Grünen.)

Entscheidend aber, meine Damen und Herren, ist die Art und Weise, wie das gemacht wird. Gehen wir einmal zur Pendlerpauschale. Die Pendlerpauschale, so wie sie jetzt gestaltet ist, beinhaltet eine ganz starke Ungerechtigkeit, eine Ungerechtigkeit nämlich überall dort, wo Benützer öffentlicher Verkehrsmittel wesentlich weniger, wesentlich schlechter unterstützt werden als solche, die mit dem Privat-PKW irgendwo hinfahren. Über die Zumutbarkeitsfrage der Pendlerpauschale können wir gerne – das sage ich jetzt gleich dazu – noch einmal extra eine Diskussion führen.

Das hat natürlich auch Folgen. Das hat Folgen insofern, als der Ausbau der Straßen für den Privatverkehr immer mehr zunimmt. In den letzten fünf Jahren hat zum Beispiel die Erreichbarkeit auf Straßen mit Hilfe von PKWs von 94 auf 98 Prozent zugenommen. Im gleichen Zeitraum hat aber die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln – in Klammern: das ist dort, wo soziale Gerechtigkeit herrscht – von 71 auf 57 Prozent abgenommen. Das ist klar eine Politik zugunsten nur der Autos und zuungunsten der Benützer von öffentlichen Verkehrsmitteln.

Sie haben alle die Karten von der ÖROK bekommen. Ich zeige sie Ihnen noch einmal (die Rednerin hält die Karten in die Höhe), studieren Sie sie in Ihren Unterlagen: Hier sehen Sie, wie gut die Erreichbarkeit jedes Ortes in Österreich mit dem PKW schon ist. Die untere Karte zeigt leider, wie schlecht die Erreichbarkeit in der Region draußen ist. Gerade die Abgeordneten aus der Region sollten sich das besonders gut anschauen, dann werden sie sehen, wie schlecht die Erreichbarkeit mit dem ÖV in den letzten Jahren geworden ist. (Beifall bei den Grünen.)

Einzige Möglichkeit des Gegensteuerns – und hier vermisse ich einen Zukunftsaspekt, meine Damen und Herren von der Regierung –: Pendlerpauschale ändern und eine Begünstigung, eine Verbesserung der Situation für Benützer öffentlicher Verkehrsmittel, und zwar deshalb, weil wir nun in Sachen Benzinpreis die dritte Warnung in der Geschichte bekommen haben: in den siebziger Jahren, in den achtziger Jahren, jetzt nach 2000. Die Kombination aus Ölpreisen, den Weltfinanzmärkten und der Politik der Raffinerien schafft Preisstrukturen, die nur deswegen so entgleisen können, weil niemand in den nationalen Regierungen – auch Sie nicht, meine Damen und Herren – den Schritt geht, der notwendig ist: Raus aus der Abhängigkeit von den internationalen Finanzmärkten und Konzernen, indem Alternativen beim Fahren, nämlich öffentliche Verkehrsmittel, und Alternativen beim Heizen gefördert werden, und zwar so ambitioniert gefördert werden, dass es zu einer Umstrukturierung kommt und diese Karte in fünf Jahren ganz anders aussieht, nämlich besser für den öffentlichen Verkehr dort, wo ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend):  ... Menschen sozial gerecht mobil sein können und nicht nur Autobesitzer einseitig bevorzugt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

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