Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 82

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‚In allen Bundesländern arbeiten Exekutivbeamte für eine Partei, teils werden sie bezahlt, teils mit politischen Mandaten und Funktionen belohnt oder geködert, teils geschieht es aus Ideologie, Idealismus oder auch einfach aus Wichtigtuerei. Wer profitiert? Die Informationen gehen an verschiedene Stellen in der Partei und ihren Organisationen. Aber auch das Büro des Chefs hat stapelweise Papiere und Dossiers gebunkert. Der Parlamentsklub ist eine weitere Anlaufstelle für Informanten, in den geschäftsführenden Stellen sind heikle, personenbezogene Auskünfte gern gesehen. Und es werden auch immer wieder Daten aus dem Polizeicomputer diverser ideologischer Gegner erbeten. Prominentes Beispiel der jüngeren Zeit: André Heller engagierte sich bei etlichen ,SOS-Mitmensch‘-Veranstaltungen. Dadurch war er sehr interessant für die Politik geworden: seine gesamten Lebensumstände wurden deshalb auf Aufforderung hin durchleuchtet.‘ (Seiten 112 u. 113)

‚Auch das Büro des ehemaligen Obmanns Jörg Haider (COMBO) war über viele Vorgänge innerhalb der Exekutive sehr gut informiert. Haider hat bekanntlich Informationen immer wieder öffentlich verwendet ... Und zuletzt hat es einem Salzburger Polizisten eine längere Suspendierung eingetragen, weil Jörg Haider eine Datenanfrage allzu eifrig in laufende TV-Kameras hielt.‘ (Seite 115)

In mehreren Interviews in der Folge bestätigte Kleindienst die im Buch erhobenen Vorwürfe.

Am 1. Oktober 2000 – nach Bekanntwerden dieser Vorwürfe – haben hochrangige SP-Vertreter sofort die Einsetzung einer unabhängigen Sonderkommission gefordert.

Am 3. Oktober 2000 setzte Bundesminister Strasser eine Sonderkommission ein, die jedoch unter der Leitung des oberösterreichischen Sicherheitsdirektors Heimo Siegel steht und der keine unabhängigen Persönlichkeiten angehören. BM Strasser erklärte, innerhalb von 14 Tagen – also am 17. Oktober 2000 – ein Endergebnis der Untersuchung vorzulegen.

Zur Hälfte des Fristablaufs am vergangenen Mittwoch hat BM Strasser einen mündlichen Zwischenbericht im Innenausschuss abgegeben, der nur als völlig unbefriedigend bezeichnet werden kann. Dennoch kristallisierte sich schon nach Anfragen von SP-Abgeordneten heraus, dass bis zu diesem Zeitpunkt (11.10.00) gegen sieben Personen wegen illegaler Weitergabe von EKIS-Daten ermittelt wird. Darüber hinaus sollen 150 potentielle Opfer untersucht worden sein, wobei sogar Mitglieder des Innenausschusses unter diesen sind.

Dem Vernehmen nach hat BM Strasser diese Namen den Mitgliedern des Unterausschusses bekannt gegeben, wobei jedoch eine Weitergabe dieser Daten wegen der dort bestehenden Vertraulichkeit nicht möglich ist.

Über das Wochenende kam es laut Berichten von Printmedien zu weiteren Entwicklungen in dieser Angelegenheit.

Besonders betroffen macht der Umstand, dass im ‚FORMAT‘ Nr. 42/2000 der Bericht der Sonderkommission unter der Aktenzahl 20.000/144-GD/00 auszugsweise veröffentlicht wurde, obwohl BM Strasser diesen Bericht dem Parlament nicht zur Verfügung stellen will. Es erhebt sich daher in diesem Zusammenhang die Frage, wer über diesen Bericht verfügt und von wem die Weitergabe an die Zeitung ‚FORMAT‘ erfolgte.

Darüber hinaus wurden am letzten Wochenende neue skandalöse Details bekannt, die in Medien veröffentlicht wurden:

1. Ein Wiener Polizeibeamter, er ist AUF-Mitglied und Postenkollege eines der sieben derzeit Verdächtigen (sein Name ist ‚profil‘ bekannt), hatte bei der Einvernahme durch die Sonderkommission angegeben, dass an seiner Dienststelle solche Daten abgerufen worden seien, einmal sei der Auftrag dafür von Karl-Heinz Petritz, seit vielen Jahren Jörg Haiders Pressesprecher, gekommen. (‚profil‘ 42/2000)


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