Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 74

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Möglichkeit, in Ergänzung zur Schulordnung schuleigene Verhaltensvereinbarungen gemeinsam festzulegen, ist ganz wesentlich.

Wenn die Opposition die Wiedereinführung der Rohrstaberl-Mentalität fürchtet, so kann oder will sie das Wesen der Erziehungsvereinbarungen nicht begreifen. Vereinbarungen sind Bestandteil der Schulautonomie, die Eigenverantwortung von Schulen, von Schülern wird gestärkt. Diese Erziehungsvereinbarungen dienen dazu, positive Entwicklungen voranzutreiben und negative Entwicklungen gemeinsam zu beantworten: Stichwort Gewalt, Stichwort Vandalismus an der Schule. Eigenverantwortung muss mit Augenmaß geführt werden.

Die Erziehungsvereinbarungen der Schulpartner sollen die Erziehungssituation an den österreichischen Schulen weiterentwickeln und verbessern, die Vereinbarungskultur zwischen Eltern, Lehrern und Schülern schaffen und durch ein erzieherisches Frühwarnsystem frühzeitig Infos an Eltern geben, die ihre Kinder oft nur am Abend, und da nur sehr kurz, sehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch sehr geehrte Damen und Herren der Opposition! Ich würde mich freuen, wenn Sie diesem zukunftsweisenden Antrag der Bildungssprecher Mag. Karl Schweitzer und Werner Amon im Sinne der Kinder zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.59

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eigentlich bedauere ich es sehr, dass ich nicht die Schulordnung mitgenommen habe, unter der ich in die Schule gegangen bin. Hätte ich sie nämlich verglichen mit der Schulordnung, die ich gerade in die Hand bekommen habe und die in einer Hauptschule paktiert wurde, hätte ich feststellen müssen – da bin ich mir ziemlich sicher –, dass sich in den 50 Jahren – na 50 Jahre sind es nicht (Heiterkeit)  –, in den 40 Jahren in manchen Schulen offensichtlich nichts zum Positiven verändert hat.

Frau Bundesministerin! Ich befürchte, das wird das Resultat dieser Erziehungsvereinbarungen, dieser Ermöglichung von Erziehungsvereinbarungen sein, dass sich nämlich das alte Denken in Ordnungen, in Befehlen, die nur schlecht hinter Vereinbarungen kaschiert werden, wieder in den Vordergrund drängen und seine Renaissance erleben wird. Und manche in diesem Haus werden noch glücklich sein darüber! Das ist ja genau das, was Sie gewollt haben: Der Kaugummigenuss, heißt es in einer Vereinbarung, die heute gültig ist, Herr Kollege Amon, wird untersagt, denn das ist ja das Schlimmste! Das haben uns die alten Nazi-Lehrer, die es gegeben hat, einprügeln wollen, dass Kaugummi etwas Amerikanisches ist und man daher nicht Kaugummikauen darf. So war es doch!

Und so finden sich immer noch Relikte dieses Denkens und dieser Einstellungen und dieser Wertungen in Schulordnungen wieder, dass der Kaugummi, der der Inbegriff des Amerikanischen ist, aus dem Schulgebäude eliminiert werden muss. So war es – und ist es nach wie vor. (Abg. Dr. Fekter: Damit er nicht auf den Bänken pickt! Das ist der Hauptgrund!)

Das muss man sich einmal vorstellen: der Kaugummi als das Problem der fehlenden Erziehung von Jugendlichen. Da setzen Sie ein Brimborium voran, das mit der Realität, mit der Erziehungswissenschaft, mit Erkenntnissen der Erziehungswissenschaft nichts zu tun hat. "Brimborium" nenne ich es, wenn es in der Begründung des Antrags an den Ministerrat heißt: Familien schaffen die Grundlage für menschliches Zusammenleben. Gesellschaftliche Werte werden zuerst durch das Vorbild der Eltern, dann durch das der Lehrerinnen und Lehrer begründet und geübt. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Frau Bundesministerin! Da ist etwas ganz Entscheidendes vergessen worden. Das entspricht nicht mehr dem heutigen Stand, "state of the art" ist das sicher nicht. In jeder erziehungswissenschaftlichen Abhandlung wird zumindest der Peer-Group eine ebenso wichtige Bedeutung ein


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