Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 77

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Vertrauen in die Lehrer – und in unsere Frau Ministerin! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

13.12

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren!

"Seit zirka 50 Jahren leisten SchülerberaterInnen im Bereich der Wiener Berufsschulen intensive Tätigkeit hinsichtlich Hilfe für Lehrlinge. Viele soziale, berufliche und persönliche Probleme von Jugendlichen im Umfeld der Großstadt konnten und können durch den Einsatz der SchülerberaterInnen erkannt und gelöst werden."

Das sind Sätze, die sich in einem Schreiben der Bürgerinitiative von Berufsschullehrern an den Herrn Präsidenten des Nationalrates Dr. Fischer wieder finden, die für eine Sicherstellung und gesetzliche Verankerung der Tätigkeit der Schülerberater an Berufsschulen eintritt.

Ich verstehe die Sorgen der Lehrer angesichts der Sparwut der Bundesregierung im Bildungsbereich, sehr verehrte Damen und Herren. Eine Streichung der Beratungszeit wurde und wird befürchtet, nachdem es schon eine Kürzung gerade im Bereich der Wiener Berufsschulen gegeben hat, eine Kürzung der Zeit, in der sich Lehrer für ihre Schüler einsetzen können, sie beraten, ihnen helfen können.

Wer sich die Zeit nimmt und Berufsschulen besucht, mit Lehrern redet, mit Lehrlingen diskutiert, der weiß, wie wichtig für die Betroffenen, aber auch für unsere Gesellschaft eine professionelle und menschliche Arbeit von Beratungslehrern insbesondere an den Berufsschulen ist. Manche Jugendliche brauchen oft neben dem Elternhaus eine Person, an die sie sich vertrauensvoll wenden können – mehrere Vorrednerinnen und Vorredner haben das schon in anderen Zusammenhängen im Rahmen dieser Debatte gesagt –, vor allem dann, wenn Probleme im persönlichen Bereich, Konflikte am Arbeitsplatz, Lehrstellenverlust, aber auch Lern- und Leistungsschwierigkeiten auftreten.

An den Wiener Berufsschulen haben wir zu wenige Beratungslehrer, sehr geehrte Frau Bundesminister. Wir haben zu wenige Stunden und zu wenige Lehrer. Auf einen Beratungslehrer kommen im Durchschnitt rund 600 Schülerinnen und Schüler. 220 Anlassfälle pro Schuljahr und pro Beratungslehrer gibt es. Zum Beispiel an der Berufsschule für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in der Wiener Mollardgasse stehen für 960 Schüler lediglich fünf Beratungsstunden pro Woche zur Verfügung. Das ist im Durchschnitt eine Stunde pro Tag. Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Das ist schlichtweg zu wenig, um all die Hilfe angedeihen zu lassen, die notwendig wäre, um alle Möglichkeiten ausnützen zu können.

Jede zur Verfügung stehende Beratungsstunde ist meiner Meinung nach eine gute Investition, jede benötigte, aber nicht vorhandene Beratungsstunde kostet in der Zukunft sicher ein Vielfaches von dem, was eine Beratungsstunde kosten würde, vor allem wenn man bedenkt, dass gesundheitliche Probleme, Arbeitsmarktprobleme, Probleme an der Lehrstelle, Probleme mit den Unternehmen, Probleme mit Arbeitskollegen auftreten können, bis hin zu Problemen, mit denen die Jugendlichen letztendlich auch, wenn man nicht zeitgerecht gegensteuert und hilft, bei der Justiz enden können. Wenn man das alles gesellschaftspolitisch rechnen würde, müssten wir hier eine große Mehrheit dafür finden, wenn Sie einen Vorschlag machen würden, die Beratungsmöglichkeiten auszuweiten und auch das dafür notwendige Geld zu sichern.

Soziale Vorbeugung ist meiner Meinung nach immer billiger als soziale Heilung, sehr verehrte Damen und Herren.

Für heute sind wir, die Sozialdemokraten in diesem Haus, zufrieden damit, dass mit der Entschließung des Nationalrates der Weiterbestand der Schülerberatung an den Berufsschulen gesichert wird. Alle Fraktionen werden dieser Entschließung zustimmen. Für morgen brauchen wir allerdings eine Möglichkeit der Ausweitung der Beratungszeit auf einer klaren, gesetzlichen


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