Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 21

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Herr Bundeskanzler! Wir brauchen eine klare Abgrenzung bei der Bewältigung verschiedener Aufgaben. Wir stehen dazu: Natürlich gibt es viele gemeinschaftliche Aufgaben wie die Außen- und Sicherheitspolitik, die Wirtschafts- und Währungspolitik. Es wäre auch eine gemeinsame Umweltpolitik vonnöten. Vieles aber – das muss auch klar sein – sollte im Regelungsbereich der Mitgliedstaaten verbleiben beziehungsweise auch wieder auf die nationale Ebene zurückgeführt werden, wenn man zur Erkenntnis gelangt, dass die Dinge dort besser aufgehoben sind als auf europäischer Ebene. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage es im vollen Bewusstsein, Herr Bundeskanzler: Wenn zum Beispiel im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik keine einschneidenden Reformen möglich sind, weil andere Länder andere Vorstellungen von einer Agrarpolitik haben als wir, dann muss auch eine Renationalisierung in den Überlegungen Platz haben. Davon bin ich fest überzeugt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schlussendlich geht es auch um die künftige Finanzierung. Es war Kollege Schwarzböck, der gesagt hat, dass wir den Plafond der Finanzierung dieser Agrarpolitik bereits durchstoßen haben. Es kann nicht sein, dass eine verfehlte Agrarpolitik auf europäischer Ebene zu weiteren finanziellen Belastungen der Bürger führt. Das wollen wir nicht, und das darf nicht sein. Deshalb muss auch diese Überlegung, die wir anstellen, ihren Platz in den europäischen Überlegungen haben.

Die Finanzierung ist aber auch eine wesentliche Frage für ein ganz großes Vorhaben der Europäischen Union, und auch darüber muss jetzt geredet werden. Die Finanzierung ist die zentrale Frage bei der größten Herausforderung der nächsten Jahre, nämlich bei der Osterweiterung. Man sollte, wenn man sagt, vor den nächsten Wahlen soll es die ersten Beitritte geben, auch über die Finanzierung Klarheit haben. Jeder Österreicher muss wissen, was ihm die Osterweiterung zusätzlich an Kosten verursacht und wie sich diese Kosten für jede Österreicherin, für jeden Österreicher auswirken. Das ist eine Frage, auf die Antwort gegeben werden muss. Das ist Bürgernähe. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir von der FPÖ – das muss und will ich unterstreichen –, meine sehr geehrten Damen und Herren, bekennen uns zur Erweiterung, aber wir werden sehr darauf achten, dass all das, was im Regierungsübereinkommen festgeschrieben ist, auch eingehalten wird, und zwar auf Punkt und Beistrich – im Interesse der Österreicher und der Österreicherinnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unsere Aufgabe muss es sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür zu sorgen, dass diese Erweiterung sorgfältig und gründlich vorbereitet wird. Es kann nicht so sein, dass Schweden sagt: Wir haben uns die drei großen "E’s" vorgenommen: die Erweiterung, die Umwelt – auf Englisch – und die Arbeitsplätze. Und dann gibt es zur Erweiterung nur die Aussage: Sie muss rasch kommen – ohne entsprechende Vorbereitungen.

So kann es nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb werden wir Österreicher besonders darauf zu achten haben, dass diese Erweiterung bürgerverträglich erfolgt – so, wie es auch im Regierungsübereinkommen festgelegt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben gemeinsam mit den Deutschen die längste gemeinsame Grenze mit den Beitrittskandidaten. Wir haben – das ist auch in einem Informationsschreiben des Außenamtes an den Rat festgehalten worden – damit viele Probleme, die andere Mitglieder der Europäischen Union nie haben werden, weil sie einfach nicht diese gemeinsame Grenze haben. Im Bereich des Arbeitsmarktes, im Bereich der Freizügigkeit, im Bereich der Dienstleistungen sind für uns andere Dinge zu beachten, als es für Irland, als es für England oder als es für Portugal der Fall ist.

Deshalb ist es legitim, dass wir hier auftreten und Übergangsfristen verlangen. Es geht darum, unsere Bevölkerung auf diese Erweiterung so vorzubereiten, dass sie auch verkraftbar ist, dass der Arbeitsmarkt diese Erweiterung verkraftet, dass der Dienstleistungssektor diese Erweiterung verkraften kann. Übergangsfristen können nicht einfach angesetzt werden, indem man sagt: Sieben Jahre, und dann hat es sich!, sondern innerhalb dieser Zeit muss auch eine Entwicklung


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