Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 68. Sitzung / Seite 72

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blauen Kameraden. – Kollege Schender! Diese Diktion und diese Worthülsen sind eigentlich unerträglich, wirklich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nun dem eigentlichen Thema der heutigen Tagesordnung zuwenden. Politik und Wirtschaft verändern sich rasant und somit auch die gesellschaftlichen Bedingungen und Lebensformen. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts bestimmte weitgehend die Geburt über die gesellschaftliche Stellung und damit über Lebenschancen. Arbeit, Wohngegend, Alltagskultur, Lebensverläufe waren erstens durch Klasse und zweitens durch Geschlecht bestimmt. Vieles hat sich seitdem verändert: Männer und Frauen müssen eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, die das eigene Leben bestimmen, die in der Vergangenheit durch die gesellschaftliche Stellung automatisch vorgegeben waren.

Die Individualisierung der Menschen führt nicht automatisch zu mehr Freiheit und Gleichheit. Neue Risken bestimmen das gesellschaftliche Leben. Das Selbstverständnis der Frauen hat sich verändert. Die Bildungschancen der Frauen haben sich weitgehend jenen der Männer angenähert. Auswirkungen der kommenden Studiengebühren werden aller Voraussicht nach wieder einen Rückschritt für die Frauen bedeuten.

Auch in Politik und Wirtschaft rücken Frauen nachweislich in Schlüsselpositionen auf. Trotzdem verdienen Frauen für gleiche Arbeit weniger als Männer. Und trotz alledem tragen vor allen Dingen im privaten Bereich die Frauen die Verantwortung für die gesamte Versorgungsarbeit für Kinder und Haushalt.

Festzustellen ist aber auch, dass Väter vor allen Dingen sehr viel Frei zeit mit Kindern verbringen. Mehr Engagement für Kinder durch Männer bedeutet auch für diese Erschwernisse auf dem Arbeitsmarkt und einen Kampf gegen männliche Rollenklischees. Es wäre eine Aufgabe für den Herrn Frauenminister, dies zu analysieren. Neue Lebensformen bringen der Familie tatsächlich mehr Freiheit und Spielraum. Diese Formen des partnerschaftlichen Miteinander müssen gesellschaftlich akzeptiert und staatlich unterstützt werden. Die jetzige Politik muss sich dieser Realität stellen und darf nicht einer Biedermeierzeit nachhängen.

Familienförderung muss den geänderten Lebensbedingungen angepasst werden. Und gerade für die optimale Unterstützung und Förderung von Kindern sind finanzielle Zuwendungen, Sachleistungen, kostenlose Infrastrukturmaßnahmen und der Ausbau des Dienstleistungsservice unverzichtbar. Die Antwort dieser Regierung ist das Kindergeld. Nach der heutigen Debatte, meine Damen und Herren, ist meine Sorge bestätigt und auch der Umstand, dass ich kein Vertrauen in diesen Weg, nämlich in den Weg des Kindergeldes, gehabt habe.

Frau Fabel war in die Vorbereitung mit einbezogen. Nicht nur dass sie mehr Schein als Sein gehabt hat, nicht nur dass sie unsozial und beinhart ihren Mitarbeiterinnen gegenüber agiert hat – sie ist nämlich noch einen Lohn schuldig –, sie ist auch noch salopp und unverantwortlich bei der Verantwortung für Kinder. Nachdem das Personal in ihrem Projekt Kindergruppe davongelaufen ist, da es nicht mehr bezahlt wurde, hat sie statt den ausgebildeten Kindergärtnerinnen Leihomas beschäftigt. Ich denke mir: Na fabelhaft! Eine Frage an den Herrn Minister, der mir abhanden gekommen ist: Spiegelt dieses Szenario die Zukunft der Kinderbetreuung in Österreich wider? Sind das die Qualitätsmerkmale, die dann Gültigkeit haben? – Ich bedanke mich schön, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vielfalt der Lebensformen braucht vielfältige Förderungen und Schutzmaßnahmen, denn nur so können Männer und Frauen ein qualitativ hochwertiges Zusammenleben in Verantwortung mit Kindern und für Kinder bestens meistern und gestalten.

Der Weg dieser Bundesregierung ist ein anderer: Einfalt statt Vielfalt, mehr Privat statt tatsächliche Unterstützung und ein Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, lassen die Menschen allein mit ihren Sorgen und Problemen.


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