Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 145

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Aussage der Frau Abgeordneten Stoisits, derzufolge es sich wirklich um ein sehr schwieriges Problem handelt, nämlich um das Problem der Regelung des Spannungsverhältnisses zwischen dem Persönlichkeitsschutz einerseits und der Pressefreiheit andererseits. Ich bin aber erstaunt darüber, dass Sie dieses Problem so einseitig sehen und dass Sie zum Persönlichkeitsschutz überhaupt keine Worte gefunden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte deshalb auf die Geschichte der Rechtslage eingehen, damit wir uns alle besser verstehen, weil ich sehr daran interessiert bin, dass dieses große Reformwerk des Justizministeriums, das die Beamten dieses Ministeriums in 27 Jahren unter der Führung des Herrn Dr. Pleischl erarbeitet haben, nicht untergeht und nicht in Misskredit gebracht wird, und zwar nur deshalb, weil Sie das politische Kleingeld kassieren möchten, das Sie eigentlich nicht verdienen.

§ 301 StGB stammt aus dem Jahre 1975, aus der Zeit des sozialistischen Justizministers Broda, und wurde im Jahre 1997 novelliert. Heute kam von Herrn Dr. Pilz die interessante Aussage, dass Sie diesen Paragraphen grundsätzlich bejahen, dass Sie ihn aber verändern wollen. Der Veränderungswunsch kann aber nicht sehr groß sein, weil Sie denselben nicht vorgebracht und nicht detailliert haben. Bis heute haben Sie nicht gesagt, was Sie da geändert haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich rufe Ihnen auch in Erinnerung, warum die Novelle des Jahres 1997 notwendig war: weil damals der so genannte große Lauschangriff gesetzlich geregelt wurde. Was ist da passiert? – Man kann in sehr schwierigen und weit reichenden, bedeutenden Kriminalfällen zum Beispiel Räume verkabeln. Man kann auf diese Art und Weise auch Personen abhören, die mit einer Straftat überhaupt nichts zu tun haben. Man kommt in Kenntnis von Details aus dem Privat- und aus dem Familienleben von Dritten, die mit dem Strafverfahren nur zufällig in Berührung kommen. Das war der Grund für dieses Hohe Haus, im Jahre 1997 den Tatbestand des § 301 StGB um den Absatz 3 zu erweitern, damit solche Details über Dritte, die in das Persönlichkeitsrecht Dritter eingreifen, nicht veröffentlicht werden dürfen! Strafrahmen – den hat dieses Hohe Haus beschlossen –: 1 Jahr. Seit 1997! Sie haben dazu kein Wort verloren, Herr Dr. Pilz, Sie haben nur eine Veränderung gewollt, die Sie nicht näher präzisiert haben. – Das ist das eine. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz. )

Es handelt sich dabei um ein Formaldelikt, das jeder begeht, der die Veröffentlichung bewirkt, und dieses Delikt muss – auch das haben Sie nicht erwähnt – mit Vorsatz begangen werden. Das heißt, dass es zu einer Abwägung der Interessen der dritten Betroffenen, in deren Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, nicht kommt. – Auch das haben Sie nicht erwähnt, Herr Dr. Pilz, auch das haben Sie nicht bekrittelt. Ich bin gespannt, wie Ihre weitere Kritik an diesem Tatbestand, den Sie heute bestätigt haben und den Sie nicht abschaffen wollen, in der Zukunft aussehen wird.

Wie geht es weiter? – Mit der neuen Strafprozess-Novelle geschieht Folgendes: Es werden die Rechte der Geschädigten erweitert, es werden die Rechte der Opfer erweitert. Es werden aber auch die Rechte der Beschuldigten erweitert, und zwar im § 53 Abs. 1, den Sie, Herr Dr. Pilz, heute nicht erwähnt haben. Dort ist festgeschrieben, dass man früher als bisher Akteneinsicht bekommt. Der Beschuldigte gelangt also jetzt früher als bisher, wenn das Gesetz werden sollte, in Kenntnis von Details über Dritte, also in Kenntnis von Details, mit deren Wissen in das Persönlichkeitsrecht Dritter eingegriffen wird.

Nun wird dieses Spannungsfeld, von dem Frau Dr. Stoisits gesprochen hat, wie folgt geregelt: Der Beschuldigte soll alles Wissen, das er aus dem Akt bezieht, für seine Verteidigung verwenden dürfen, und zwar auch dann, wenn er damit in die Rechte Dritter eingreift. Er soll es aber nicht verwenden, wenn er in die Rechte Dritter eingreift, ohne sich selbst durch die Verteidigung zu helfen. Das ist reiner Persönlichkeitsschutz. Auch dieses Delikt könnte von Journalisten als Beitragstäter nur mit Vorsatz begangen werden.

Bitte erklären Sie, warum Sie den österreichischen Bürgern diesen Persönlichkeitsschutz verwehren wollen! Bitte eine Antwort darauf, insbesondere von der grünen Fraktion, die hier völlig undifferenziert vorgegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite